Nahverkehr:Stadtrat beschließt Trasse für die Westtangente

Weniger Umwege über die Innenstadt und Entlastung für die U-Bahn: Im Jahr 2027 könnte die neue Tramstrecke in Betrieb gehen - wenn alles glatt geht

Von Andreas Schubert

Ob der Mittwoch nun wirklich ein "großer Tag für den öffentlichen Nahverkehr" war, wie es SPD-Stadtrat Jens Röver ausdrückte, darüber werden auch weiterhin geteilte Meinungen herrschen. Denn die Tram-Westtangente hat nicht nur Befürworter. Doch jetzt hat der Stadtrat den Trassierungsbeschluss mit großer Mehrheit und ohne große Debatten verabschiedet, gegen die Stimmen der Bayernpartei, der FDP, und des CSU-Stadtrats Otto Seidl.

Trassierungsbeschluss heißt: Die Stadtwerke München als Bauherr können nun mit der vorliegenden Entwurfsplanung den Antrag auf Planfeststellung bei der Regierung von Oberbayern einreichen, also eine Baugenehmigung beantragen. Das Planfeststellungsverfahren wird voraussichtlich 2024 abgeschlossen sein, nach den vorgesehenen drei Jahren Bauzeit soll die Tram dann von 2027 an rollen. Mit den bestehenden Verbindungen vom Romanplatz aus entsteht so eine Tangentialverbindung von Schwabing über Neuhausen, Laim, Hadern und Sendling-Westpark nach Obersendling.

Allerdings hängt die Fertigstellung der Trasse auch vom Baufortschritt an der Laimer Unterführung ab, wo die sogenannte Umweltverbundröhre entsteht - ein neuer Tunnel unter den Gleisen, der nur dem ÖPNV, Fußgängern und Radlern vorbehalten ist. Und der soll erst 2026 fertig sein.

Die knapp neun Kilometer lange Trasse entsteht zwischen der Aidenbachstraße in und dem Romanplatz. In den fünf Stadtbezirken, die sie durchquert, sind 17 Haltestellen vorgesehen. Die Trasse soll getrennt von den Autofahrspuren auf Rasengleis in der Mitte der Straße verlaufen - dort kann die Tram dann auf 60 Kilometer pro Stunde beschleunigen und ist somit schneller als die Autos. An der Aidenbachstraße bekommt die Tram eine Wendeschleife.

Von der neuen Tram kann man an mehreren Stellen in U- und S-Bahn umsteigen: in die S-Bahn am Laimer Bahnhof, die U5 am Laimer Platz, die U6 in Holzapfelkreuth und die U3 in der Aidenbachstraße. Zudem trifft sie am Romanplatz mit den Tramlinien 12, 16 und 17 zusammen, mit der Linie 19 an der Agnes-Bernauer-Straße und mit der 18 an der Ammerseestraße. Laut aktueller Schätzung liegen die Kosten für den Bau bei 170 Millionen Euro. Wenn die Baugenehmigung vorliegt, werden die Stadtwerke einen Antrag auf Förderung aus Bundesmitteln stellen.

Die Westtangente ist eine vielleicht nicht unendliche aber schon ziemlich lange Geschichte: Sie wird seit den Neunzigerjahren diskutiert. 2013 fasste die rot-grüne Rathauskoalition einen Grundsatzbeschluss. Seit 2014 haben CSU und SPD im Rathaus die Mehrheit. Und an den Christsozialen, die nicht gerade als ausgemachte Tramfreunde gelten, hätte die Tram noch scheitern können, da sie eine zu starke Einschränkung für den Autoverkehr befürchteten. 2016 stimmten sie zwar zu, allerdings mit der Auflage, die Pläne so zu gestalten, dass der Autoverkehr möglichst unangetastet bleibe. Das ist geschehen, mit den aktuellen Planungen kann die CSU-Fraktion nun leben. Unter anderem wird es an der Kreuzung Fürstenrieder Straße zur Agnes-Bernauer-Straße in Richtung Westen eine eigene Linksabbiegespur für Autos geben; am Laimer Kreisel ist für von Süden kommende Autos nun eine sogenannte freilaufende Rechtsabbiegespur Richtung Osten geplant. Dafür wird an der Andreas-Vöst-Straße von der Fürstenrieder Straße aus aber kein Linksabbiegen mehr möglich sein, aus Sicherheitsgründen.

In der Fürstenrieder und Boschetsrieder Straße bleiben den Autos je Richtung zwei Fahrspuren erhalten, ebenso am Knoten Boschetsrieder Straße/Drygalski-Allee und der Zufahrt zur Autobahn A 95 Richtung Garmisch-Partenkirchen. Nur ein kurzer, etwa 160 Meter langer, nach Norden führender Abschnitt zwischen der Zufahrt zur A 95 und der Abfahrt von der A 95 (aus Garmisch kommend), bekommt eine einspurige, viereinhalb Meter breite Fahrbahn, aus Sicherheitsgründen. Michael Mattar (FDP) sieht in den wegfallenden Fahrspuren ein Problem. Seiner Meinung nach hat die Fürstenrieder Straße für eine überregionalen Verkehr nach wie vor eine bedeutende Funktion.

Dass die Tram aber dazu beitragen kann, Autofahrten überflüssig zu machen, darauf pocht die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG). 26 000 Fahrgäste täglich sind für die neue Tramtangente prognostiziert. Das Votum des Stadtrates sei deshalb eine wichtige Weichenstellung. Die Westtangente sei "wegweisend für mehr Mobilität in München", teilt MVG-Chef Ingo Wortmann mit. Sie schaffe kurze Wege zwischen den Stadtteilen, mache Fahrten über die Innenstadt überflüssig, entlaste so die U-Bahnen und auch den Autoverkehr. Das Straßenbahnnetz würde um fast zehn Prozent von heute 82 auf gut 90 Kilometer wachsen.

Die SPD sieht in der Tram-Westtangente eine deutliche Aufwertung des Straßenraums. Sie sei ein Gewinn für die Viertel, die sie verbindet, meint Jens Röver. "Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ist eine zentrale Zukunftsaufgabe unserer Stadtpolitik."

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