Nahverkehr:So will die MVG ihr Angebot aufstocken

Nahverkehr: So sehen die U-Bahn Züge der Generation C2 aus.

So sehen die U-Bahn Züge der Generation C2 aus.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) schafft zusätzliche Fahrzeuge an.
  • Die bestehende Flotte auf der Straße und der Schiene ist in die Jahre gekommen.
  • Außerdem muss das Angebot weiter ausgebaut werden, um die wachsende Zahl an Fahrgästen transportieren zu können.

Von Andreas Schubert

Mehr als 710 Millionen Fahrgäste nutzen pro Jahr das Angebot des Münchner Verkehrs-und Tarifverbunds (MVV). Sollen die alle kostenlos im ÖPNV fahren dürfen, oder soll das Geld aus den Fahrgeldeinnahmen des MVV - 920 Millionen Euro jährlich - besser in die Infrastruktur investiert werden? Die Chefs von MVV und der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) sind sich einig, dass ein Ausbau des Nahverkehrs Priorität hat. Denn die Nachfrage steigt pro Jahr etwa um zwei Prozent. Was die MVG im Stadtgebiet (und darüber hinaus) dazu drängt, ihr Angebot zu erweitern.

Dabei muss auch die teilweise schon in die Jahre gekommene Flotte immer wieder erneuert werden. Wären zum Beispiel die U-Bahnen Autos, hätten die meisten davon schon ein H-Kennzeichen für Oldtimer. Doch die MVG plant - neben den bereits beschlossenen oder geplanten Erweiterungen des U-Bahn-Netzes - auf Schiene und Straße ein ganzes Bündel an Neuerungen. Eine Bestandsaufnahme:

Trambahnen

Die Straßenbahn soll kurzfristig durch den Einsatz größerer Züge attraktiver werden. Von Mitte 2018 an sollen die ersten der insgesamt 22 neuen Einheiten vom Typ Avenio sukzessive in Betrieb gehen und auf stark genutzten Linienabschnitten für mehr Platz sorgen. Zu diesem Zweck hat die MVG zum Fahrplanwechsel im Dezember 2017 bereits die Linienwege der Tram 16, 17 und 18 im Münchner Osten getauscht.

18 der 22 neuen Bahnen können zu sogenannten Doppeltraktionszügen zusammengekoppelt werden. Sie sollen von 2019 an auf der Linie 20 in Betrieb gehen. Der weitere Ausbau des Angebots im Bestandsnetz sieht neue Verstärkerlinien beziehungsweise den Einsatz weiterer größerer Züge vor. Angedacht ist auch eine Netzreform mit neuen Linien-Verknüpfungen, um das vorhandene Angebot möglichst exakt auf die Nachfrage auszurichten. Dazu muss auch die Infrastruktur ausgebaut werden.

Geplant sind unter anderem eine neue Gleisverbindung zwischen Arnulfstraße und Prielmayerstraße (Durchstich am nördlichen Bahnhofplatz, geplant 2020) und das dritte Gleis am Hauptbahnhof. Weitere Ausbauten sind darüber hinaus laut MVG "zwingend" erforderlich. Dazu gehören Ertüchtigungen von Wendeschleifen (an Endstationen, aber auch beispielsweise am Sendlinger Tor) sowie der Ausbau von Knotenpunkten und ein zweiter Betriebshof, um die neuen Fahrzeuge abstellen zu können.

Die Flotte: Die Tram-Flotte der MVG ist im Durchschnitt 19 Jahre alt, ein Zug hält etwa 25 Jahre. Die meisten Züge, 68 an der Zahl, sind die vom Typ R2, der von 1994 bis 1997 gebaut wurde, dazu kommen 20 Straßenbahnen vom zehn Meter längeren Typ R3 (Baujahre 1999 bis 2001). 2009 bis 2012 wurden 14 Variobahnen in Betrieb genommen, wegen wiederholt auftretender technischer Probleme verzichtete die MVG aber auf weitere Bestellungen beim Hersteller Stadler-Rail.

Die neueste Tram-Generation sind die Avenio-Züge: Acht davon wurden von 2013 an ausgeliefert, seit Oktober 2015 sind sie auch dauerhaft zugelassen. 22 neue Avenio-Einheiten werden bis 2019 ausgeliefert (vier Vierteiler, neun kuppelfähige Zweiteiler und neun kuppelfähige Dreiteiler). Einsatzbeginn der ersten neuen Züge - zunächst Vierteiler - soll im Sommer 2018 sein. Weitere neue Einheiten sollen noch im Laufe des Jahres optional bestellt werden. Die Menge neuer Züge hängt auch davon ab, welche neuen Strecken künftig gebaut werden. Derweil sind als Reserve in der Tramflotte noch heute drei P-Züge unterwegs. Es sind echte Oldtimer, gebaut wurden sie von 1967 bis 1969.

Busse und U-Bahnen

Busse

Eine Entlastung des Schienennetzes ist laut MVG kurzfristig nur durch die Stärkung des Busverkehrs möglich. Daher plant die MVG einige neue Angebote bis hin zu einem Express-Bus-Netz für München: Tangentiale Verbindungen sollen durch zusätzliche Linien gestärkt und bestehende Linien weiter aufgewertet werden. Ziel ist, dass mehr Fahrgäste den Bus bewusst als Alternative zu U-Bahn und Tram nutzen.

Erste Angebote realisiert die MVG schon dieses Jahr. Die Verlängerung der Linie 153 ist bereits umgesetzt, Mitte 2018 folgen der City-Ring und die Express-Bus-Linie X 50, gegen Ende 2018 der X 80. Neben Stadtbus- und Metrobus-Linien setzt die MVG künftig verstärkt auf Express-Busse, um eine Alternative zum Schienennetz mit Schwerpunkt auf tangentialen und radialen Verbindungen anzubieten. Expressbusse halten nur an wichtigen Knotenpunkten des ÖPNV und gewährleisten dadurch schnellere Fahrzeiten. In einem Zeitraum über rund fünf Jahre soll ein integriertes Express-Bus-Netz für München aufgebaut werden, das rund 200 Kilometer umfasst und aus drei Bausteinen (im Stadt-Norden, auf dem City-Ring und im Süden) besteht.

Auch der Bus komme nicht ohne eigene Infrastruktur aus, wenn er attraktiv sein soll, erklärt die MVG. Voraussetzung für ein funktionsfähiges Express-Bus-Netz seien daher zum Beispiel der Ausbau von Busspuren, etwa auf dem Frankfurter Ring, oder zusätzliche Haltestellen insbesondere an Knotenpunkten. Nur so sei gewährleistet, dass die Busse an die Qualitätsstandards des Schienenverkehrs heranreichen und damit die beabsichtigte Entlastungswirkung entfalten können. Was der MVG aber für diese Pläne fehlt, sind zusätzliche Fahrer. Solche zu finden, sei eine große Herausforderung.

Die Flotte: Die eigene Flotte der Stadtwerke umfasst derzeit 65 Solobusse, 236 Gelenkbusse und 47 Buszüge. Etwa genauso viele Busse gehören Kooperationspartnern und sind im Auftrag der MVG unterwegs. Die Busflotte ist mit sechs Jahren relativ jung; etwa zwölf Jahre ist ein Bus im Einsatz. 2018 sollen 45 neue Busse (20 Gelenkbusse, zehn Buszüge, 15 Solobusse) ausgeliefert werden. Künftig will die MVG zunehmend E-Busse bestellen.

U-Bahnen

Bei der U-Bahn will die MVG über die nächsten Jahre ein "Fünf-Minuten-Netz" realisieren. Fast alle Strecken sollen also tagsüber mindestens alle fünf Minuten bedient werden. Den Anfang macht die U 2, die von Mitte 2018 an den ganzen Tag über zwischen Harthof und Messestadt Ost mindestens im Fünf-Minuten-Takt verkehrt, sowohl an Schultagen als auch in den Ferien. Die Zahl der Fußnoten in den Fahrplänen werde sich dadurch stark reduzieren, wirbt die MVG. Die weitere Umsetzung sei - wie in den anderen Sparten - unter anderem von der Verfügbarkeit zusätzlicher Fahrzeuge und Fahrer abhängig und könne daher nur nach und nach erfolgen.

In welcher Reihenfolge die Außenäste, auf denen heute noch kein durchgängiger Fünf-Minuten-Takt besteht, verdichtet werden, entscheide letztlich vor allem die Nachfrage. Auf den am stärksten frequentierten Abschnitten sind zusätzliche Taktverdichtungen in den Hauptverkehrszeiten geplant, allerdings ebenso abhängig von der Verfügbarkeit neuer U-Bahnzüge vom Typ C2.

Nach derzeitiger Planung soll Ende 2019, Anfang 2020 auf der U 3/U 6 der Zwei-Minuten-Takt im Berufsverkehr zwischen Implerstraße und Münchner Freiheit eingeführt werden. Von 2022 an werden nach Inbetriebnahme neuer U-Bahnzüge, die noch bestellt werden müssen, weitere Taktverdichtungen möglich sein, darunter zeitweise auch ein Zwei-Minuten-Takt auf der U4/U 5. Die Züge fahren dann im gesamten Netz alle zwei bis fünf Minuten.

Die Flotte: Die meisten U-Bahnen sind recht alt, halten nach Angaben der MVG aber auch mindestens 40 Jahre. Das Durchschnittsalter der Flotte liegt bei 28 Jahren. Von den A-Doppeltriebwagen, die von 1970 bis 1983 gebaut wurden, sind 170 in Betrieb. B-Doppeltriebwagen (1981 bis 1995) gibt es 56, Züge vom Typ C1 18. Von den C2-Zügen sind 14 von 21 in Betrieb. Die letzten sieben werden bis Ende 2018 ausgeliefert. Bestellt sind als erste Option weitere 24 C2-Züge, deren Inbetriebnahme von 2019/2020 an vorgesehen ist. Eine zweite Option umfasst bis zu 22 weitere Züge.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: