Nahverkehr:MVG will mehr Exklusiv-Spuren für Busse

Busspur Leopoldstraße südlich Münchner Freiheit

Trotz Stau voran: Busspuren wie auf der Leopoldstraße in Richtung Innenstadt garantieren den Stadtbussen störungsfreies Weiterkommen.

(Foto: Florian Peljak)
  • Die Münchner Verkehrsgesellschaft hat eine Liste mit 51 Straßenabschnitten vorgelegt, auf denen Linienbusse freie Fahrt bekommen sollen.
  • Die Rathaus-CSU und der ADAC reagieren zurückhaltend.
  • Das Unternehmen argumentiert, dadurch würde auch der Ausstoß von Feinstaub und Stickoxiden gesenkt.

Von Stefan Mühleisen

Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) will den Ausbau von Busspuren in der Stadt vorantreiben. Im Zuge der Debatte über die Abgasbelastung hat die städtische Tochterfirma einen Katalog von 51 Straßenabschnitten vorgelegt, in denen exklusive Fahrtrassen für Linienbusse nachgerüstet werden könnten. Auf Platz eins der Prioritätenliste steht dabei ein besonders stauanfälliges Segment des Mittleren Rings: die Brudermühlbrücke über die Isarauen - wobei eine Fahrspur für den Verkehr wegfallen würde. Die ersten Reaktionen aus dem Rathaus fallen äußerst skeptisch aus, auch der Automobilclub ADAC sieht den Vorstoß kritisch.

Bisher gibt es in der Stadt 80 Busspuren auf insgesamt 23 Kilometern; sie werden im Fachjargon auch "Beschleunigungsspuren" genannt. Während Metrobusse im dichten Stadtverkehr ausgebremst werden, haben sie auf den eigens für sie reservierten Spuren freie Fahrt. Praktischer Nebeneffekt: Derart beschleunigte Busse stoßen weniger Feinstaub und Stickoxide aus, als wenn sie sich im Stopp and Go durch die Stadt schieben müssten. Die MVG sieht mit ihrer Offensive eine gute Möglichkeit, gleichzeitig etwas für die Fahrgäste und die Umwelt zu tun. "Der beste Weg, die Luftqualität zu verbessern, ist ein noch besseres Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln", sagt MVG-Sprecher Matthias Korte.

Über Lösungen zur Verbesserung der Luftqualität in der Stadt wird seit Jahren gestritten, bald könnte es zu einem Bürgerbegehren kommen. Seit fünf Jahren sind Stadt und Freistaat qua Verwaltungsgerichtsurteil verpflichtet, "einschneidendere Maßnahmen" zu ergreifen. "Die Umsetzung der Maßnahmen wären ein guter Beitrag zur Luftreinhaltung", sagt MVG-Sprecher Korte zu dem 51-Punkte-Plan der Busspur-Initiative.

Fünf Streckenabschnitte hält das Unternehmen für besonders wichtig: An erster Stelle steht eine Expressspur auf der Brudermühlbrücke, zwischen Gerhard- und Schäftlarnstraße; diese soll, als Priorität vier auf der Liste, noch in Richtung Westen bis zur Esswurmstraße verlängert werden. Auch in Abschnitten der Waldwiesenstraße in Hadern, der Hanauer Straße in Moosach sowie auf die Friedenheimer Brücke in Neuhausen erhofft sich die MVG Exklusiv-Spuren für die Busse. Auf der Wunschliste stehen einige Staufallen, die Prinzregentenstraße östlich des Friedensengels etwa, oder die Ingolstädter Straße auf Höhe des Euro-Industrieparks. Bei vielen der Vorschläge müssten der neuen Bus-Schneise Fahrspuren geopfert werden; bei anderen entfallen Parkplätze sowie die grünen Ränder mit Bäumen.

Mit Begeisterung nimmt die Rathauskoalition diese MVG-Initiative nicht auf. "Ich sehe das sehr kritisch", sagt der verkehrspolitische Sprecher der CSU-Stadtratsfraktion, Johann Sauerer. Er zeigt sich zwar durchaus offen für neue Busspuren, mahnt aber zur vorsichtigen Abwägung. "Es darf nicht passieren, dass Dauerstaus an ohnehin schon belasteten Straßen entstehen", sagt er und nennt explizit den Spitzenplatz auf der Liste, also eine Busspur über die Brudermühlbrücke. Auch sein Fachkollege von der SPD, Ingo Mittermaier, findet es problematisch, dort eine Fahrspur abzuzweigen; gleiches gilt für ihn an der Hanauer Straße. Wie Sauerer rät auch er dringend dazu, sich die Vorschläge der MVG im Detail und "sehr genau" anzuschauen. "Eins zu eins werden wir die Liste sicher nicht umsetzen, sagt Mittermaier.

Auch der ADAC äußert sich kritisch zu der Offensive. "Der Umstieg auf den ÖPNV ist klar zu befürworten", heißt es in einer Pressemitteilung des Verbandes vom Montag. Es gelte jedoch genau abzuwägen, ob es in einzelnen Fällen sinnvoll ist, den Pkw-Verkehr auszubremsen. Busspuren würden zudem den ohnehin engen Straßenraum weiter verknappen.

Das Planungsreferat prüft derzeit, "welche der von der MVG vorgeschlagenen Maßnahmen sich sinnvollerweise für eine Umsetzung eignen", wie ein Sprecher mitteilt. Für die Münchner Verkehrsgesellschaft läuft der Busspur-Vorstoß derweil unter dem Slogan "Beschleunigung der Beschleunigung", wie es Sprecher Korte nennt. Denn es gibt auch andere Maßnahmen, um die Busse auf Touren zu bringen: umgerüstete Ampeln zum Beispiel, die per Funksignal registrieren, dass ein Bus sich nähert - und entsprechend auf Grün schalten. 20 Linien sind derart "komplett beschleunigt", wie es von Seiten der MVG heißt, 45 haben nur einen gewissen Anteil von "beschleunigten Ampeln" auf ihrer Route. 55 Prozent der 800 betroffenen Ampeln seien bereits umgerüstet.

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