Nacht der Autoren:Von Sodbrennen und Bananendiät

Beziehungspflege der besonderen Art: SZ-Leser treffen SZ-Autoren bei der "Nacht der Autoren".

Martin Hammer

Das Verhältnis zwischen SZ-Lesern und SZ-Autoren ist ein merkwürdiges. Klar, man kennt sich indirekt, trifft sich irgendwie jeden Morgen und hat sich immer noch jede Menge zu sagen, obwohl die Partnerschaft in vielen Fällen schon Jahrzehnte anhält. Doch so intensiv deren tägliche Pflege auch sein mag, die Beziehung bleibt zweidimensional, eine long distance relationship, wenn man so will. Da ist es partnerpsychologisch also keine schlechte Idee, hin und wieder für ein bisschen zusätzliche Würze zu sorgen.

Nacht der Autoren: SZ-Doktor Werner Bartens hielt seine Sprechstunde in der Muffathalle ab.

SZ-Doktor Werner Bartens hielt seine Sprechstunde in der Muffathalle ab.

(Foto: Foto: Robert Haas)

Die Süddeutsche Zeitung hat das am Samstag zum zweiten Mal getan, und bei der "Nacht der Autoren" zusammengebracht, was eben nicht nur auf dem Papier zusammengehört: die SZ-Reporter und ihre Leser. Dass sich die beiden mögen, ist offensichtlich. Zu Hunderten strömen die Leser in die Rathäuser, das Stadtmuseum und die Muffathalle, um ihre Zeitung von Angesicht zu Angesicht kennen zu lernen - trotz Biergartenwetters und trotz der Tücken, die so ein Abend bereithält.

Zum einem, weil manche Lesesäle dem Ansturm nicht gewachsen sind, vor allem aber, weil sich das tägliche Drama des Zeitunglesens bei dieser Gelegenheit in verschärfter Form wiederholt: Man muss auswählen - und so geduldig wie Papier ist eine Autorennacht eben nicht. Wer am Frühstückstisch zuerst das Streiflicht liest, muss keine Angst haben, dass in der Zwischenzeit der Leitartikel verblasst. Wer aber an diesem Samstag den Streiflichtern lauscht, der kann sicher sein, dass er etwa die Sprechstunde des SZ-Doktors Werner Bartens unwiederbringlich verpasst hat.

Blind Date im Rathaus

Es hilft alles nichts, es müssen Entscheidungen her. Also geht's als erstes zu einem echten Blind Date. Im großen Sitzungssaal des Rathauses, in dem an trüberen Tagen der Stadtrat tagt, wagen sich vier Streiflicht-Autoren ins Scheinwerferlicht. Eine Spezies, die für gewöhnlich im Verborgenen arbeitet und in der Zeitung nicht einmal ihre Namen preisgibt. Was die Fangemeinde nicht schmälert.

Die Connaisseure im Publikum kennen die Geschichte vom Paternoster jener Menschenschöpfkette im Redaktionsgebäude, die verzweifelten Autoren bei der kompletten Umfahrt zur Inspiration verhilft, sie wissen um die Lebensleistung von Milchkühen und SPD-Politikern, und um den gelegentlich neidvollen Blick des Streiflichtschreibers auf den Kollegen Krisenreporter, der dem Hurrikan trotzt, während der Humorist im windstillen Bereich zwischen Computer und Kantine unter Sodbrennen und Magengrimmen nach einer Pointe sucht. Dass sich dieser gesundheitsgefährdende Einsatz lohnt, sieht man bei der Nacht der Autoren: So viel und so einhellig gelacht wird im Sitzungssaal sonst nicht.

Nur ein Rathaus weiter, im prunkvollen Saal, stehen die Reporter der Seite Drei im Mittelpunkt, eben jene Kollegen, die sich berufsmäßig dorthin begeben, wo das Leben stürmisch ist, in eine Flüchtlingsstadt am Rande der Sahara, oder ins Hofbräuhaus. Die Auswahl der Themen ist symptomatisch für diesen Abend: Platzl, Peking und Sahara - die ganze Welt schnurrt zusammen auf ein paar Bühnen.

Schweißtreibende Lesung mit der Sportredaktion

Gleich darauf startet die schweißtreibende Lesung der Sportredaktion in der Muffathalle. Dort erfährt man, warum ein Journalist nie über Taxifahrer schreiben darf, die Nichtbeachtung dieser Regel aber durchaus amüsant sein kann. Nach dem literarischen Kleinod des Fußballers Manni Binz mit dem Titel "Klaus, die hacken mir hier die Eier ab" geht es noch ins Literaturhaus. Rainer Erlinger, moralische Instanz des SZ-Magazins, beantwortet Gewissensfragen. Etwa ob man den Hund mit Bananen ernähren dürfe, weil man selbst Veganer sei. Unter Umständen.

Doch darf man eine Beziehung zerstören, wenn man sich verliebt? Da wird Erlinger grundsätzlich: Eine Beziehung, zumal eine lange, ist mit das Kostbarste, was es gibt. Das gilt nicht nur für Mann und Frau.

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