Nachruf:"Er war für uns alle ein großes Vorbild"

Hanns Hippius

Hanns Hippius hatte immer ein offenes Ohr für Patienten.

(Foto: Egginger/SZPhoto)

Hanns Hippius, fast 25 Jahre lang Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in der Nußbaumstraße, ist im Alter von 96 Jahren gestorben

Von Martina Scherf

Er hat die Entwicklung der Psychiatrie in Deutschland geprägt: Hanns Hippius, der fast 25 Jahre lang Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in der Münchner Nußbaumstraße war, ist am Samstag im Alter von 96 Jahren gestorben. Seinen Lebensabend verbrachte der Mediziner im Chiemgau.

Hanns Hippius wurde am 18. April 1925 in Mühlhausen/Thüringen geboren. Als 18-Jähriger musste er in den Krieg ziehen und diente zwei Jahre bei der Marine, ehe er in englische und dann amerikanische Kriegsgefangenschaft geriet. Erst danach studierte er Medizin und Chemie an den Universitäten Freiburg/Breisgau, Marburg/Lahn und der Freien Universität (FU) Berlin. Er wurde Facharzt für Nervenheilkunde und für Laboratoriumsmedizin.

Chemie, Medizin und sein Interesse für die Psychiatrie, diese Verbindung führte ihn schon früh zur Erforschung neurologischer und biochemischer Vorgänge bei psychischen Erkrankungen. Nach seiner Habilitation wurde er Professor in Berlin, 1971 übernahm er die Leitung der Psychiatrischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität in der Nußbaumstraße.

Dort hatten zwar schon berühmte Vorgänger gelehrt - Emil Kraepelin oder Alois Alzheimer - doch psychiatrische Kliniken waren bis in die Sechzigerjahre hinein vor allem Verwahranstalten mit Gitterbetten und Zwangskuren. Das änderte sich erst in den Siebzigerjahren mit der Reformbewegung, die viele Gesellschaftsbereiche erfasste. An der Psychiatrie-Enquete im Bundestag 1975 wirkte Hanns Hippius maßgeblich mit. Auch sorgte er dafür, dass das Pflegepersonal speziell geschult wurde.

Sein Spezialgebiet war die Entwicklung neuer, nebenwirkungsarmer Psychopharmaka. Zugleich lag ihm die Entwicklung der Psychotherapie am Herzen, und er richtete Professuren für Forensische Psychiatrie oder Psychosomatik ein. Die vorherige Nervenklinik wurde in einen psychiatrischen und einen neurologischen Teil geteilt. Später wirkte Hippius entscheidend mit, dass eine eigene Kinder- und Jugendpsychiatrie in München eingerichtet wurde. Der vielfach geehrte Mediziner war Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, Ehrenmitglied vieler Fachgesellschaften und Autor zahlreicher Standardwerke. "Auch im hohen Alter nahm er Anteil an allen aktuellen Entwicklungen. Wir werden ihn als Mensch, die Gespräche mit ihm und seinen stets wertvollen Rat aus seinem langen Erfahrungsschatz vermissen", sagt Oliver Pogarell, stellvertretender Direktor der Klinik in der Nußbaumstraße. Als Lehrer war er streng, aber überaus menschlich, sagen ehemalige Schüler. Viele von ihnen wurden später selbst Klinikleiter. "Er war für uns alle ein großes Vorbild", sagt Reinhard Steinberg, der später Ärztlicher Direktor im Pfalzklinikum wurde, "und er hatte immer ein offenes Ohr für seine Patienten." Weil Hippius, Vater von vier Kindern, begeisterter Skifahrer war, gründete er mit dem Ordinarius der Wiener Universität ein jährliches Skimeeting, das bis heute stattfindet. Wer mitfahren will, muss über seine neueste Forschung berichten.

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