Nachruf:Die Menschen im Herzen

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Engelbert Siebler war in vielen Kirchengemeinden ein gern gesehener Gast - er blieb immer ein Priester, der um die Nöte und Freuden seiner Münchner wusste. Den Heiligen Abend feierte er regelmäßig mit Obdachlosen im Hofbräuhaus. (Foto: Claus Schunk)
  • Der ehemalige Münchner Weihbischof Engelbert Siebler ist in der Nacht zum Freitag im Alter von 81 Jahren gestorben.
  • Er blieb immer ein Priester, der um die Nöte und Freuden seiner Münchner wusste. Den Heiligen Abend feierte er regelmäßig mit Obdachlosen im Hofbräuhaus.

Von Monika Maier-Albang

In Kirchenkreisen sagt man das gern, wenn man einem hohen Geistlichen etwas Gutes nachrufen will: "Er war ein echter Seelsorger." Weil es ja nicht selbstverständlich ist, dass jemand Manager wird, und trotzdem der Basis nah bleibt. Bei Engelbert Siebler kann man diesen Satz guten Gewissens schreiben: Ja, dieser Bischof blieb Priester, er wusste um die Nöte und Freuden seiner Münchner. Und zwar nicht nur derer, die noch in die Kirche gehen.

Mit 81 Jahren ist Engelbert Siebler in der Nacht von Donnerstag auf Freitag gestorben. 26 Jahre lang, von 1986 bis zu seiner Verabschiedung 2012, war Siebler "Bischofsvikar für die Seelsorgsregion München", so die korrekte, aber etwas sperrige Amtsbezeichnung. Weihbischof sagt das Kirchenvolk, weil es die Regionalbischöfe vor allem bei entsprechenden Anlässen in der eigenen Pfarrei begrüßen kann - bei Firmungen, Patrozinien und, so es sie noch gibt, Kircheneinweihungen.

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Und Engelbert Siebler war in vielen Gemeinden ein gern gesehener Gast. Weil man es ihm abnahm, dass ihm die Menschen am Herzen liegen. Weshalb er sein Amt immer auch so verstand, dass er sich politisch einbringen wollte: gegen Ausländerhass (was schon in den Neunzigerjahren leider nötig war), gegen Islamophobie, für die Schwachen in der Gesellschaft. Siebler feierte regelmäßig seinen Heiligen Abend im Hofbräuhaus mit Obdachlosen. Auch die Wiederbelebung der Karfreitagsprozession als "Kreuzweg der Völker", also unter Einbeziehung der in München lebenden ausländischen Katholiken, ist sein Verdienst. Weihbischof Engelbert Siebler war, auch das kann man ohne Übertreibung sagen, noch einer von den Kirchenmännern, die ihre Stadt gekannt haben - und die in der Stadtgesellschaft gekannt wurden.

Siebler war ein Mann des Zweiten Vatikanums, der innerlich schauderte, wenn er junge Priesterkollegen im Talar rumlaufen sah; ein schwarzer Anzug, ein dezentes Kreuz, das war sein Dresscode. Eben so, dass jeder sehen kann, wofür man steht; affektiert zur Schau Getragenes passte nicht zu seinem Verständnis vom Priesteramt.

Siebler, der aus einer Bauernfamilie aus dem Weiler Jarzt bei Fahrenzhausen im Landkreis Freising stammt, wurde 1963 von Weihbischof Johannes Neuhäusler zum Priester geweiht. Zuvor hatte er in Freising Theologie und Germanistik studiert. 1985 berief ihn Kardinal Friedrich Wetter als Schulreferent ins Erzbischöfliche Ordinariat. Siebler war mit Leidenschaft Lehrer; wenn er mit Jugendlichen zusammen war, kam dieser Teil seiner Biografie oft zur Sprache, manchmal ein bisschen zu dozierend. In den Achtzigerjahren hatte Engelbert Siebler das Studienseminar des Erzbistums in Traunstein geleitet, dem immer ein besonderes Augenmerk gilt, weil Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., hier Schüler war. Siebler indes war und blieb ein Wetter-Getreuer. Mit der neuen Bistumsleitung hat er immer etwas gefremdelt. Und sie mit ihm.

"Was haben wir zusammen gelacht!"

Engelbert Siebler hatte keine Berührungsängste vor Frauen am Altar. Der evangelischen Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler war er über viele Jahre ein Wegbegleiter. Sein Tod mache sie "richtig traurig", sagt Susanne Breit-Keßler. Engelbert Siebler sei ein "anregender Gesprächspartner" gewesen, der "nicht gern und leicht nachgegeben" habe. Die ökumenische Zusammenarbeit sei gerade deswegen "exzellent" gewesen. "Mein Amtsbruder war ein sehr eigenständiger und manchmal im Blick auf kirchliche Obrigkeit aufmüpfiger Kommentator. Und: Er hatte einen feinen Humor. Was haben wir zusammen gelacht!"

Auch Apostolos Malamoussis, pensionierter Erzpriester der griechisch-orthodoxen Gemeinde, verband mit Engelbert Siebler ein freundschaftliches Verhältnis. "Er war für mich immer ein Vorbild für meine pastorale Arbeit", sagt Malamoussis. "Er war ruhig, klug, nie polemisch, sondern immer versöhnlich. Ich habe ihn bewundert."

Für seine Verdienste erhielt Engelbert Siebler unter anderem das Bundesverdienstkreuz, den Bayerischen Verdienstorden und die Bürgermedaille "München leuchtet" in Gold der Landeshauptstadt, aus der er selbst im Ruhestand nicht wegziehen wollte. Siebler wohnte mitten in Schwabing, war Nachbar der Katholischen Akademie. In sein Haus lud er gern Schriftsteller, Künstler, Journalisten zum Austausch beim "Kaminabend" ein. Auch seinen 80. Geburtstag hatte Siebler in der Schwabinger Stadtpfarrkirche St. Sylvester gefeiert. Siebler, der mehrere Fremdsprachen beherrschte, war von 2001 bis 2012 Präsident des Bayerischen Pilgerbüros. Gern wäre er noch einmal mit einer Pilgergruppe nach Israel gereist. Doch das war ihm nicht mehr vergönnt.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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