Nachkriegsbauten:Kampf um ein Stück Erinnerung

Nachkriegsbauten: Erster Neubau: Hinter dem Bibliothekstrakt mit dem kleinen Glasdach wächst das Nano-Institiut des künftigen Physik-Campus empor.

Erster Neubau: Hinter dem Bibliothekstrakt mit dem kleinen Glasdach wächst das Nano-Institiut des künftigen Physik-Campus empor.

(Foto: Robert Haas)

Dem Totalabriss der Tiermedizin treten die Altstadtfreunde entgegen. Die Chancen sind gering, dass wenigstens Teile im neuen Physik-Campus erhalten bleiben

Von Alfred Dürr

Ein traditionsreiches Gelände im Umbruch: Der Rohbau für den Komplex auf dem Areal der Tiermedizinischen Fakultät an der Königinstraße, gleich beim Englischen Garten, ist schon über den ersten Stock hinausgekommen. Dieses sogenannte Nano-Institut ist der Auftakt für den Bau eines hochmodernen Physik-Campus der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), der Zug um Zug in den kommenden Jahrzehnten entstehen soll. Vorgesehen ist, dass die Nachkriegsbauten der Tiermedizin, die nach Oberschleißheim umzieht, abgebrochen werden.

Dagegen hat sich zwar heftiger Protest geregt, die Initiative Altstadtfreunde München hat dem Landtag eine Petition geschickt - doch aller Voraussicht nach ohne Erfolg. Die CSU-Mehrheit wird, wie zu hören ist, ihrem Parteifreund, Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle, nicht in den Rücken fallen und dessen Abrissplan mittragen. An die Geschichte des Gebietes würde dann nur noch das denkmalgeschützte Portal gegenüber dem Milchhäusl am Eingang zum Englischen Garten erinnern. Außerdem soll der Vorplatz mit dem Brunnen an der Königinstraße erhalten bleiben.

Die Altstadtfreunde wehren sich nicht gegen den neuen Physik-Campus, wollen aber zumindest Teile der Altbauten erhalten. Nötig sei eine Kombination aus dem Bestand und den neu zu errichtenden Komplexen, sagt Florian Grüning von der Initiative. Die Petition der Altstadtfreunde sollte an diesem Mittwoch im Wissenschaftsausschuss des Landtags diskutiert werden. Weil aber die Tagesordnung bereits randvoll sei, müsse man das Thema um eine Woche verschieben, sagt der Ausschussvorsitzende Michael Piazolo (Freie Wähler). Er selbst spricht sich gegen einen Totalabriss der Altbauten aus. Vielleicht könnten zumindest Fassaden oder etwa auch der Bibliotheksbau mit dem kleinen typischen Glasaufbau auf dem Dach an der Königinstraße stehen bleiben. Ähnlich äußerte sich auch seine SPD-Kollegin Isabell Zacharias bei einer Ortsbesichtigung.

Doch bei diesem Termin im Mai hatte LMU-Präsident Bernd Huber deutlich darauf hingewiesen, dass Räume für High-Tech-Forschung und für die Lehre des künftigen Physik-Campus nicht in den alten Bauten untergebracht werden könnten. Bayerns oberster Denkmalpfleger Mathias Pfeil sah keine Denkmaleigenschaften bei den bestehenden Gebäuden. Sie seien nach schweren Kriegszerstörungen "pragmatisch wieder instandgesetzt" worden. Man könne "nicht inflationär alles auf die Denkmalliste setzen", was nach dem Krieg wieder aufgebaut worden sei. Gerade auch gegen diese Aussage wehren sich die Altstadtfreunde. Sie berufen sich auf ein Gutachten des Architekturexperten Florian Zimmermann. Dieser habe die besonderen Qualitäten des Bestandes herausgearbeitet, sagt Grüning. Weitere namhafte Experten hätten sich den Aussagen des Gutachtens angeschlossen, das klare Denkmaleigenschaften erkennt.

Doch auch er glaubt nicht, dass das die Landtags-CSU einlenken lässt. Und der dort für das Thema zuständige Abgeordnete Robert Brannekämper tritt diesem Eindruck nicht entgegen. Wenngleich er die Neubauentwicklung am Englischen Garten mit Sorge sieht, wie er sagt. Die Architektur der Häuser an einer städtebaulich sensiblen Stelle sei von hoher Funktionalität geprägt. Ein solches Erscheinungsbild nähre den Widerstand gegen den geplanten Campus.

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