Nachfolge:NS-Dokuzentrum bekommt eine neue Leiterin

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Mirjam Zadoff setzte sich in der zweiten Vorstellungsrunde gegen zwei männliche Konkurrenten durch. (Foto: Indiana University/oh)
  • Der Leiter des NS-Dokumentationszentrums Winfried Nerdinger geht in Ruhestand.
  • Nachfolgerin wird wohl die Historikerin Mirjam Zadoff.
  • Der Stadtrat soll wohl am Mittwoch über die Personalie abstimmen.

Von Heiner Effern, München

Mirjam Zadoff soll die neue Leiterin des NS-Dokumentationszentrums werden. Die 43 Jahre alte Professorin für jüdische Studien und Geschichte lehrt derzeit an der Indiana University in Bloomington (USA). In München soll sie kommendes Jahr die Position von Winfried Nerdinger übernehmen, der in Ruhestand gehen wird. Dies war am Freitag von Spitzen aus CSU und SPD im Rathaus zu hören. "Mit diesem Vorschlag werden wir in die Vollversammlung des Stadtrats gehen", sagte SPD-Fraktionschef Alexander Reissl.

Der Stadtrat soll wohl bereits am Mittwoch darüber abstimmen. Die Historikerin setzte sich in der zweiten Vorstellungsrunde gegen zwei männliche Konkurrenten durch. Das kommt etwas überraschend: Zadoff hat ihren Arbeitsschwerpunkt in Forschung und Lehre, die anderen beiden kommen aus der Pädagogik und Ausstellungspraxis.

Laut ihrem Lebenslauf auf der Internetseite der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), wo sie ihre Doktorarbeit anfertigte und immer noch im Mentorenprogramm geführt wird, studierte die gebürtige Innsbruckerin in Wien Geschichte und Judaistik. Für ihre Promotion in München erhielt sie die Auszeichnung "summa cum laude". Von 2006 an lehrte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der LMU, 2014 veröffentlichte sie ihre Habilitation "Der rote Hiob".

Darin beschäftigte sie sich mit dem jüdischen Kommunisten Werner Scholem, der für sie "ein besonders tragischer Verlierer der Geschichte ist", wie sie einmal sagte. Sie faszinierten sein Leben voller Erfolge, Niederlagen, Liebe, Betrug, Verfolgung, und seine Rolle als "rotes Schaf" in einer bürgerlichen jüdischen Familie. Scholem wurde 1940 im Konzentrationslager Buchenwald ermordet.

Die Biografin, die sein Leben wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit geholt hat, wechselte 2014 in die USA. Nun wird sie nach München zurückkehren und hier verantwortlich sein für die Auseinandersetzung der Stadt mit ihrer Zeit im Nationalsozialismus.

© SZ vom 14.10.2017 / heff - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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