Nach Transplantationsskandal:Neuer Chef für das Klinikum rechts der Isar

Klinikum Rechts der Isar in München, 2014

Der Ruf des Klinikums rechts der Isar hat unter dem Transplantationsskandal sehr gelitten.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Der bisherige Chefarzt der Abteilung für Nuklearmedizin, Markus Schwaiger, wird zum 1. Juli neuer Ärztlicher Direktor im Klinikum rechts der Isar.
  • Die Lösung überrascht, weil der Nachfolger von Reiner Gradinger eigentlich von außerhalb kommen sollte, um unbelastet vom Transplantationsskandal zu sein.
  • Allerdings waren dem Klinikum zwei Kandidaten abgesprungen.

Von Christina Berndt und Sebastian Krass

Nach langer Suche steht fest, wer neuer Chef des Klinikums rechts der Isar wird: Markus Schwaiger, bisher Chefarzt der Abteilung für Nuklearmedizin, übernimmt zum 1. Juli den Posten des Ärztlichen Direktors am Klinikum der Technischen Universität (TU). Entsprechende SZ-Informationen bestätigt TU-Präsident Wolfgang Herrmann, der im Aufsichtsrat des Klinikums ist: "Die Personalie ist durch alle offiziellen Stellen durch."

Die Lösung überrascht, weil als gesetzt galt, dass der neue Klinikchef von außen kommen solle. Der bisherige Ärztliche Direktor Reiner Gradinger hatte in der Aufarbeitung des Skandals um Manipulationen bei Lebertransplantationen eine unglückliche Figur gemacht, er ging Ende November 2015 in den Ruhestand. Sein Nachfolger sollte unbelastet von der Vorgeschichte sein.

Doch die Suche, die schon 2014 begann, war von Rückschlägen geprägt. Anfang 2015 galt es als sicher, dass der Leberspezialist Michael Manns von der Medizinischen Hochschule Hannover den Job übernimmt; er sagte aber ab. Der nächste Kandidat war Michael Forsting, Chef der Radiologie am Uniklinikum Essen.

Auch er sprang ab, zum Ärger Herrmanns: "Nachdem uns Forsting auf ein äußerst großzügiges Angebot sein Kommen in die Hand versprochen hat, kam Anfang dieses Jahres eine Absage, mit äußerst schwacher Begründung." Forsting äußerte sich am Donnerstag auf Anfrage nicht.

Nach dieser Schlappe habe man den Anspruch, "dass es partout jemand von außen sein muss, über Bord geworfen", sagt Herrmann. "Das wollten wir uns nicht noch mal antun. Und wir haben ja auch selbst exzellente Leute." Schwaiger sei "über jeden Zweifel erhaben und allemal so gut wie die beiden externen Kandidaten". Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU), der Aufsichtsratschef des Klinikums, finde die Personalie "prima".

Im übrigen sei Schwaiger unbelastet vom Transplantationsskandal. Womöglich wurde auch deshalb ein Nuklearmediziner gewählt. Üblicherweise werden die Chefposten an Unikliniken von den großen medizinischen Disziplinen besetzt. An anderen Häusern finden sich meist Internisten oder Chirurgen auf solchen Positionen.

Der neue Ärztliche Direktor, der sich zu seiner Bestellung noch nicht äußern will, übernimmt eine schwierige Aufgabe: Das Klinikum hat durch den Transplantationsskandal schwer gelitten. Intern gibt es seither immer wieder Reibereien, das Vertrauensverhältnis vieler Ärzte und Ordinarien - vor allem aus Chirurgie und Innerer Medizin - ist gestört. Mitarbeiter verschiedener Abteilungen beschuldigen einander gegenseitig, von den Manipulationen gewusst zu haben.

Nach Transplantationsskandal: Markus Schwaiger kommt aus der Abteilung für Nuklearmedizin - und nicht aus einer der großen medizinischen Disziplinen.

Markus Schwaiger kommt aus der Abteilung für Nuklearmedizin - und nicht aus einer der großen medizinischen Disziplinen.

(Foto: tum)

Bis heute sind die Vorgänge auch juristisch nicht aufgearbeitet: Als sicher gilt, dass mehrere Leberpatienten am Klinikum rechts der Isar Spenderlebern erhielten, obwohl sie noch nicht an der Reihe waren. Dazu wurden offenbar Labordaten manipuliert und Blutproben gepanscht.

Weil Patienten anderer Kliniken dadurch später ein Spenderorgan bekamen, hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen früheren Oberarzt des Klinikums wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung erhoben. Am Klinikum war in der Folge nur der Leiter des Transplantationszentrums ausgetauscht worden. Dem Chef der Chirurgie war gekündigt worden, er klagte sich aber wieder ein.

Als neuer Ärztlicher Direktor könne Markus Schwaiger das Klinikum befrieden, zeigt sich der TU-Präsident überzeugt: "Er hat bereits als Dekan exzellente Arbeit gemacht und mit dem Translatum, das auf seine Initiative zurückgeht, gezeigt, dass er auch Großprojekte stemmen und konzeptionell arbeiten kann", sagt Herrmann. Das Translatum ist ein Krebsforschungszentrum, das derzeit auf dem Stammgelände des Rechts der Isar entsteht.

Ungewöhnlich ist die Personalie aber auch wegen Schwaigers Alter: 66 Jahre. Sein Vertrag als Professor sei erst kürzlich über die Pensionierungsgrenze hinaus verlängert worden, nun bekomme er noch einmal einen Fünf-Jahres-Vertrag, sagt Herrmann: "Er wird die Aufgabe mit Vollpower angehen. Sein Alter sehen Sie ihm im Übrigen auch nicht an."

Der Neurochirurg Bernhard Meyer, der das Klinikum seit Ende 2015 kommissarisch leitet, werde der zweite Mann des Hauses bleiben: "Er macht einen exzellenten Job. Er könnte den Laden auch schmeißen", so Herrmann. "Aber er möchte in seinem Fach und im OP bleiben, und auch wir wollen ihn da weiter haben."

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