Nach Skandal bei der Vereidigung:Stadtrat wegen Hitlergruß verurteilt

Weil er bei seiner Vereidigung im Rathaus die Geste des verbotenen Hitlergrußes gezeigt hatte, muss der rechtsextreme Stadtrat Karl Richter eine hohe Geldstrafe bezahlen.

Jan Bielicki

Wegen des Verwendens von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation verhängte der Amtsrichter Thomas Müller eine Geldstrafe von 140 Tagessätzen von je 40 Euro gegen den Stadtrat, der für die rechtsextreme "Bürgerinitiative Ausländerstopp" im Rathaus sitzt. Er sah es als erwiesen an, dass Karl Richter bei der feierlichen Vereidigung der Neu-Stadträte im Alten Rathaus bewusst eine Geste gezeigt hatte, die dem verbotenen Hitlergruß zum Verwechseln ähnlich sah.

Nach Skandal bei der Vereidigung: Wegen des Verwendens von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation: Hohe Geldstrafe für Karl Richter

Wegen des Verwendens von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation: Hohe Geldstrafe für Karl Richter

(Foto: Foto: ahed)

Tatsächlich hatte der rechtsextreme Stadtrat während der Eidesleistung die Hand nicht, wie üblich und von allen anderen Neu-Stadträten praktiziert, senkrecht nach oben gehalten, sondern den Unterarm schräg nach vorne oben gereckt. Mit dieser auf mehreren Fotos festgehaltenen Provokation hatte Karl Richter damals einen Eklat ausgelöst - und sich eine Anzeige der CSU-Rathausfraktion eingehandelt. "Unerhört", fasste Staatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch Richters Verhalten in ein Wort.

"Dem kann ich nichts hinzufügen", sagte auch der Amtsrichter. Es sei "kaum eine unerhörtere und schwerwiegendere Tatausführung vorstellbar", begründete Müller, warum er in seinem Urteil nur ganz knapp unter dem Strafantrag des Staatsanwaltes blieb. Als strafverschärfend wertete er, dass der Rechtsextremist die verbotene Geste bei der Vereidigung gezeigt habe, bei der es schließlich um die Beschwörung der Werte des Grundgesetzes gegangen sei - und das noch dazu an einem "historisch derart vorbelasteten Ort".

Im Alten Rathaus hatte Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels am 9. November 1938 jene Pogrome eingeleitet, in denen nationalsozialistische Mobs mehrere hundert Juden ermordet und einen Großteil der Synagogen in Deutschland zerstört hatten.

Stadtrat wegen Hitlergruß verurteilt

Er habe sogar erwägt, eine Haftstrafe zu verhängen, sagte der Amtsrichter. Keinen Glauben schenkte er Aussagen Karl Richters, wegen mangelnder Konzentration sei "mein Arm und dadurch meine Hand nach vorne gekippt". Er habe "den Hitlergruß nicht verwendet", sagte der rechtsextreme Stadtrat.

Sein Anwalt Sewarion Kirkitadse erklärte, die angewinkelte Haltung von Richters Arm entspreche nicht den bekannten Formen des nationalsozialistischen Grußes und stelle nach geltender Rechtsprechung "für sich gesehen kein Kennzeichen einer nationalsozialistischen Organisation dar", sei also nicht zu bestrafen. Es sei auch "eine Dunstglocke des Interesses" nicht auszuschließen, in der andere Parteien einen "Außenseiter, der querschlägt, ausschalten" wollten.

Dagegen verwies der Amtsrichter auf die Fotos von Richters Geste und die "sehr glaubwürdigen Aussagen" von CSU-Stadtrat Marian Offman sowie von Peter Scheifele, einem Referenten der SPD-Fraktion. Beide bestätigten, dass der rechtsextreme Stadtrat seine auf den Fotos erkennbare Armhaltung während der gesamten Vereidigung beibehalten hatte. Verärgert zeigte sich der Amtrichter dagegen über den als Zeugen geladenen CSU-Stadtrat Robert Brannekämper.

Weil gerade im Urlaub in Tirol, hatte dieser beantragt, nicht zur Verhandlung anreisen zu müssen. Als der Amtsrichter den Antrag ablehnte, flatterte bei ihm nur eine Stunde später eine Krankmeldung Brannekämpers aus dem Faxgerät. Erst unter Androhung von Zwangsmaßnahmen erschien Brannekämper. Das sei, schimpfte der Richter, "ein unerhörtes Verhalten".

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