Nach Pegida-Demo:Neonazis provozieren in der Feldherrnhalle

  • Nach der Pegida-Demonstration am Montagabend sind Neonazis in die Feldherrnhalle gestiegen und haben dort rechte Parolen skandiert.
  • Die Polizei bittet die Staatsanwaltschaft zu prüfen, ob es Anlass für Ermittlungen gibt.
  • Der Verein "München ist bunt" befürchtet neue rechte Provokationen am 9. November.

Von Dominik Hutter

Sie stehen in einer kleinen Gruppe in der Feldherrnhalle und skandieren "hasta la vista antifascista" - einer hebt den rechten Arm wie zum Hitlergruß, reckt dann aber die Faust in die Höhe. So geschehen am Montagabend im Anschluss an die allwöchentliche Pegida-Demo. Die Szene zeigt, welche Symbolik der historische Schauplatz des Hitler-Putsches nach wie vor in rechtsradikalen Kreisen hat.

Warum der 9. November in diesem Jahr besonders heikel ist

Beim Verein "München ist bunt", einem breiten Bündnis antifaschistischer Organisationen, fragt man sich angesichts dieser gespenstischen Bilder, welche Auftritte der Stadt demnächst noch drohen. Denn der 9. November steht bevor - der Jahrestag nicht nur des gescheiterten Hitlerputsches von 1923, sondern auch der Reichspogromnacht 1938. Er fällt ausgerechnet auf einen Montag, den bevorzugten Termin für Pegida-Kundgebungen.

Die Münchner Polizei will den Spuk in der Feldherrnhalle nicht auf sich beruhen lassen. Man wolle diesen Kreisen "keine Handbreit geben", versichert Sprecher Thomas Baumann. Die Staatsanwaltschaft soll deshalb einen Bericht über den Rechtsaußen-Auftritt an historisch vorbelastetem Ort erhalten - mit der Bitte um Prüfung, ob ermittelt werden soll.

Wie antifaschistische Initiativen Auswüchse verhindern wollen

Die Identifizierung des Täters, so Baumann, sei vermutlich kein Problem. Es gibt ein Video von der Szene, die unmittelbar nach der Pegida-Schlusskundgebung auf dem Odeonsplatz stattfand. Für Micky Wenngatz, die Vorsitzende von "München ist bunt", belegt der Vorfall erneut die enge Verbindung zwischen den angeblich "besorgten Bürgern" bei Pegida und polizeibekannten Neonazis. Tatsächlich ist etwa der verurteilte Rechtsterrorist Karl-Heinz Statzberger, der bei der Aktion in der Feldherrnhalle dabei war, zuvor bei Pegida mitmarschiert.

"München ist bunt" denkt nun darüber nach, wie sich allzu schlimme rechtsradikale Auswüchse am 9. November vermeiden lassen. Der Verein hat sicherheitshalber schon Demonstrationen an fünf historisch sensiblen Stellen angemeldet: am Odeonsplatz, Platz der Opfer des Nationalsozialismus, Geschwister-Scholl-Platz, Königsplatz und vor dem NS-Dokumentationszentrum in der Brienner Straße. Wenngatz ist überzeugt, dass rechte Parolen auf Münchner Straßen nicht ignoriert werden dürfen - weil sie sich sonst als Normalität festsetzen könnten.

Welche Hürden es für Verbote von rechten Demos gibt

Ob das Kreisverwaltungsreferat am 9. November erneut versucht, historisch bedeutsame Schauplätze zu Tabuzonen für rechtsradikale Aufmärsche zu erklären, ist noch unklar. Die Behörde war in der Vergangenheit mit solchen Vorstößen mehrmals vor dem Verwaltungsgericht gescheitert. Das Versammlungsrecht baut hohe Hürden bei derartigen Eingriffen in die Demonstrationsfreiheit.

Allerdings könnte die Kombination des 9. November mit dem Ort Feldherrnhalle ein überzeugendes Argument für eine Zwangsverlegung des Pegida-Aufmarschs sein. Vorausgesetzt, es ist eine Verletzung der Würde der Opfer oder aber die Gefahr einer Verletzung grundlegender sozialer oder ethischer Anschauungen zu befürchten.

Einer der Pegida-Demonstranten trug ein Tattoo mit NS-Symbolik

Die Gegner von Pegida sehen dies längst als erfüllt an. Mit Pegida sind in den vergangenen Wochen stets mehrere polizeibekannte Rechtsradikale mitmarschiert. Auch am Montag wehte in der Menge der rund 250 Demonstranten lange Zeit unbeanstandet eine Reichskriegsflagge.

Ein von der Polizei wegen Beleidigung festgenommener Demonstrant hatte eine Rune auf die Hand tätowiert, die zur NS-Zeit von der Hitlerjugend und der SS verwendet wurde. Aus den Reden ist herauszuhören, dass sich der Protest längst nicht mehr nur gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, sondern gegen Ausländer ganz allgemein richtet, denen pauschal ein Hang zu Kriminalität, Vergewaltigung, Frauenfeindlichkeit und Totalitarismus unterstellt wird.

Bei ihrem Demonstrationszug skandierten Teilnehmer die eindeutig dem rechtsradikalen Spektrum zuzuordnenden Begriffe "Volksverräter" und "nationaler Widerstand", eine Rednerin am Odeonsplatz erklärte Politiker für "schuldig im Sinne der Anklage". Es gab Sprechchöre wie "nieder mit der bayerischen Justiz", ein Redner wies darauf hin, mit den rund 200 Gegendemonstranten werde der nächste Krieg "verdammt kurz".

Dazu gab es vom Mikrofon unverhohlene Drohungen. Etwa die, die Gegendemonstranten sollten sich ihre Luft sparen - die brauchten sie noch zum Arbeiten, wenn das Orbán-Lager in ganz Europa regiere. Der umstrittene ungarische Premier Viktor Orbán genießt bei Pegida große Sympathie.

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