Nach Millionen-Defizit:Münchner Blutspendedienst steht vor dem Aus

Blutspendedienst im Gesundheitshaus München, 2011

Defizitäres Unternehmen: Der Blutspendedienst im Gesundheitshaus München.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Der städtische Blutspendedienst hat wahrscheinlich keine Zukunft: Das defizitäre Unternehmen könnte verkauft oder sogar ganz geschlossen werden.
  • Eigentlich gilt der Handel mit den Konserven als lukrativ, doch die kommunale Organisation schreibt rote Zahlen.
  • Das Minus betrug in den vergangenen Jahren jeweils zwischen 700 000 und zwei Millionen Euro.

Von Dominik Hutter

Der städtische Blutspendedienst steht womöglich vor dem Aus. Im Rathaus gibt es Überlegungen, das defizitäre Unternehmen entweder ganz oder teilweise zu verkaufen, im ungünstigsten Fall könnte es sogar ganz geschlossen werden. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung betrug das Minus in den vergangenen Jahren jeweils zwischen 700 000 und zwei Millionen Euro, zudem stehen wegen eines spätestens 2016 unumgänglichen Umzugs Investitionen in Millionenhöhe an. Ende März soll der Aufsichtsrat über die Zukunft des Blutspendedienstes beraten, der Teil des ohnehin defizitären Stadtklinikums ist. Entscheiden muss aber letztlich der Stadtrat.

"Betriebswirtschaftlich ist der Blutspendedienst eine Katastrophe", berichtet ein Insider. Die an der Dachauer Straße untergebrachte Abteilung wird offenbar von eben dem Problem geplagt, das maßgeblich für die Finanzmisere des Gesamtkonzerns verantwortlich ist: geringe Produktivität bei überdurchschnittlich hohen Personalkosten. Dabei gilt der Handel mit Blutkonserven eigentlich als lukratives Geschäft - gerade erst hat sich in München neben dem Platzhirschen Bayerisches Rotes Kreuz (BRK) ein weiterer privater Anbieter etabliert. Allerdings ist der kommunale Blutspendedienst nicht auf kommerziellen Gewinn ausgelegt.

Zwar ist es theoretisch denkbar, dass das Stadtklinikum seinen Blutspendedienst dauerhaft als Defizitbringer durchfüttert. Dies gilt aber im Rathaus als wenig erstrebenswerte Lösung. Schließlich müssen die Münchner Krankenhäuser dringend ihre Finanzen in Ordnung bringen. In den kommenden Jahren steht ein äußerst schmerzhafter Sanierungsprozess mit ungewissem Ausgang bevor.

Welche Rolle der Blutspendedienst spielt

Dass die Stadt, wie schon bei den Notaufnahmen, mit einem sogenannten Betrauungsakt finanziell in die Bresche springt, ist unwahrscheinlich. Denn der städtische Blutspendedienst zählt zwar zu den größten Kommunalorganisationen seines Genres, zur Daseinsvorsorge zählt er aber wohl nicht. Sogar in München ist er ein vergleichsweise kleiner Fisch, die Konkurrenz vom BRK deckt etwa 80 Prozent des Bedarfs ab.

Dass das Defizit lediglich eine vorübergehende Erscheinung ist, gilt im Rathaus wie auch im Aufsichtsrat als unwahrscheinlich. "Die schwarze Null ist nicht in Sicht", urteilt ein Kenner der Bilanzzahlen. Was die Lage aber noch ungleich schlimmer mache, ist der bevorstehende, äußerst kostspielige Umzug. Denn das marode Gesundheitshaus an der Dachauer Straße soll abgerissen werden, spätestens zum 30. Juni 2016 muss der Blutspendedienst raus.

Die Suche nach einem neuen oder zumindest übergangsweisen Quartier ist bei einem Blutspendedienst deutlich schwieriger als für die im gleichen Haus untergebrachten Mitarbeiter des städtischen Gesundheitsreferats. Denn eine Stelle, die auf freiwillige Spender angewiesen ist, benötigt eine zentrale und gut erreichbare Adresse. Teuer wird der Umzug aber auch wegen der hochkomplexen technischen Ausrüstung des Blutspendedienstes sowie der hohen Hygieneanforderungen.

Wie es weiter geht

Nach Insider-Angaben könnten dafür durchaus fünf bis 15 Millionen Euro zusammenkommen. Dies wie auch den sich verschärfenden Wettbewerb auf dem Blutmarkt muss die Geschäftsführung bei ihren Überlegungen mitberücksichtigen. Ende März will Klinik-Chef Axel Fischer die verschiedenen Optionen samt einer Empfehlung dem Aufsichtsrat präsentieren.

Der Blutspendedienst des städtischen Klinikums sammelt sowohl in seiner Zentrale an der Dachauer Straße als auch bei rund 1000 Aktionen mobiler Teams in den Landkreisen etwa 160 000 Blutkonserven pro Jahr. Neben Vollblutspenden gibt es auch die Möglichkeit, sich lediglich Blutplättchen oder Blutplasma entnehmen zu lassen. Das Blut wird an die städtischen Kliniken weitergegeben, aber auch an private Arztpraxen verkauft. Zudem gibt es in der Dachauer Straße Labors für Blutuntersuchungen. Mehr als 100 Mitarbeiter sind beim Blutspendedienst beschäftigt, darunter Fachärzte, Krankenpfleger, medizinisch-technische Laborassistenten und Verwaltungskräfte.

Die Sanierung des städtischen Klinikums mit seinen insgesamt rund 8000 Mitarbeitern ist zwar seit einigen Monaten vom Stadtrat auf den Weg gebracht worden, befindet sich aber immer noch im Anfangsstadium. Am kommenden Dienstag soll der Finanzausschuss des Stadtrats über die Vergabe der Generalplanung für den anstehenden Umbau der Kliniken Schwabing und Bogenhausen entscheiden. Wann die wirklich heiklen Maßnahmen anstehen, darunter der Abbau von 2000 Arbeitsplätzen, wird derzeit ausgearbeitet. Der Stadtrat soll noch vor der Sommerpause über das sogenannte Sanierungsumsetzungskonzept entscheiden.

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