Nach langer Debatte:Gedenken auf Augenhöhe

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Kilian Stauss gestaltet die Stelen zur Erinnerung an die Nazi-Opfer

Von Jakob Wetzel

"Es ist ruhig in München, zu ruhig", findet der Designer Kilian Stauss. Das Gedenken an die Opfer der Nazis sei in der Stadt in den vergangenen Jahren vernachlässigt worden. An vielen wichtigen Orten gebe es keine Hinweise auf die Vergangenheit: auf ehemals jüdische Betriebe etwa, die enteignet wurden, oder auf Institutionen, die in Gräueltaten verstrickt waren. "Mit dem NS-Dokuzentrum hat sich natürlich etwas getan", sagt Stauss. "Aber das reicht nicht."

Tatsächlich wurde in der Stadt jahrelang hauptsächlich gestritten: Sollen auf öffentlichen Wegen sogenannte Stolpersteine verlegt werden dürfen, um im Alltag an die Opfer der Nazis zu erinnern? Anderswo liegen Zigtausende dieser Steine des Kölner Künstlers Gunter Demnig, in München aber sperrte sich der Stadtrat: Kritiker hatten geklagt, mit Stolpersteinen würden die Namen der Toten mit Füßen getreten. Und so köchelte der Streit vor sich hin. Die einen verlegten Stolpersteine nun auf Privatgrund, und die anderen ärgerten sich.

Seit dem 26. Oktober gibt es nun zumindest die Chance, den Streit beizulegen: An dem Tag billigte der Kulturausschuss des Stadtrats ein Konzept, mit dem sich Stauss gegen andere Entwürfe durchgesetzt hat. Mit Wandtafeln und Stelen soll künftig auf Augenhöhe an die Ermordeten erinnert werden, nicht auf dem Fußboden.

Stauss und sein Team setzen dabei bewusst auf gestanzte Fotografien, auch um zu verhindern, dass die Erinnerung politisch instrumentalisiert wird. "Wir wollten direkt zu den Menschen und verdeutlichen, dass hier jemand aus dem Leben, aus seiner Familie, aus der Gemeinschaft gerissen und umgebracht wurde. Dem kann man sich über den Blick in sein Gesicht am wenigsten entziehen." Auf den Tafeln und Stelen sei außerdem Platz, um auch mehr Informationen unterzubringen, wenn man wolle, sagt Stauss. "Was möglich ist, müssen die ersten Aufstellungen zeigen. Ich glaube nicht, dass man das komplett vorgeben kann oder sollte."

© SZ vom 28.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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