Nach Hundeattacke in Harlaching:"Alle hier haben Angst"

Nach dem Angriff eines Hundes auf die zweijährige Pauline haben Eltern in Harlaching Angst um ihre Kinder. Im Bezirksausschuss kommt es zu emotionalen Diskussionen. Manche Eltern wollen nun sämtliche Spielplätze im Viertel einzäunen lassen.

Manuela Warkocz

Dieser Fall bewegt viele Menschen in München, ganz besonders aber in Harlaching - und das zeigt sich an diesem Dienstagabend. Der Saal des Lokals "Gartenstadt" ist komplett überfüllt, die Erwartungen sind hoch. Der Bezirksausschuss (BA) Untergiesing-Harlaching hat den Fall der kleinen Pauline, die im Viertel von einem Hund schwer verletzt worden war, aktuell auf die Tagesordnung gesetzt.

Leinenpflicht fuer Hunde greift in Sachsen-Anhalt

Sollen Hunde generell an die Leine? In Harlaching gibt es inzwischen viele Befürworter des Leinenzwangs.

(Foto: dapd)

Ergebnis der teilweise heftigen Debatte: Die Stadträte Reinhold Babor (CSU) und Michael Leonhart (SPD) wollen sich gemeinsam für einen besseren Schutz vor aggressiven Hunden einsetzen - im Stadtrat, der sich mit dem Thema demnächst beschäftigen soll.

Zunächst einmal haben die Eltern des zweijährigen Mädchens das Wort. Andrea Brechtel und Armin Müller sind sichtlich um Sachlichkeit bemüht; sie schildern, wie sie die Bissattacke auf ihre Tochter am 9. Juni am Athener Platz erlebt haben und welche gravierenden Folgen der Vorfall für sie hat.

Ein angeleinter Labrador-Mischling, der die Grünanlage dort nicht hätte betreten dürfen, hatte Pauline an einem Spielplatz ins Gesicht gebissen. Das Kind müsse mit seinen bis zu vier Zentimeter tiefen Wunden noch auf unabsehbare Zeit im Krankenhaus bleiben, berichtet die Mutter. Der mit der Familie befreundete Chirurg Thomas Beutner ergänzt: "Das hat für das Mädchen lebenslange Konsequenzen."

Eltern fordern schärfere Maßnahmen

Um andere Kinder vor so einem Schicksal zu bewahren, gehe die Familie an die Öffentlichkeit und fordere schärfere Maßnahmen von der Stadt, sagt der Vater.

Was aber kann man aus dem Fall lernen, welche Konsequenzen muss man ziehen? Darüber wird bei der Sitzung lange diskutiert. Eine ältere Hundebesitzerin verwahrt sich umgehend "gegen eine Pauschalverurteilung aller Hundehalter".

Wer einen Hund hat, sollte verpflichtend mit ihm die Hundeschule besuchen und einen Hundeführerschein machen, so ihr Vorschlag. Kinder besser über den Umgang mit Hunden aufzuklären, regt eine andere an. Einen generellen Leinenzwang in München hält ein weiterer Harlachinger nicht für sinnvoll. "Es ist schwer, einen Hund artgerecht in der Stadt zu halten, wenn er nicht mal frei laufen kann." Der Mann appelliert aber, Hunden in öffentlichen Verkehrsmitteln einen Maulkorb anzulegen.

Mehrere Mütter, die ihre Kleinkinder in die Sitzung mitgebracht haben, fordern die Stadt auf, sämtliche Spielplätze in Harlaching einzuzäunen. "Die Hundegeschichte ist das Thema Nummer eins, alle hier haben Angst", so eine Rednerin.

Christa Knappik, SPD-Sprecherin im Bezirksausschuss, sieht in eingezäunten Spielplätzen dagegen kein Allheilmittel: "Wir wollen doch nicht, dass unsere Kinder hinter Gitter aufwachsen." Wenn Hundehalter sich nicht an Verbote hielten, sollten sich die Bürger einmischen. Andreas Babor (CSU) geht einen Schritt weiter: Er verlangt in einem Antrag, die bestehenden Hundeverbote schärfer zu kontrollieren und einen Leinenzwang in der Nähe von Spielplätzen einzuführen.

Gutachten "ein absoluter Skandal"

Mit ungläubigem Kopfschütteln reagieren Zuhörer, als Bezirksausschuss-Chef Clemens Baumgartner das Ergebnis eines neuen Gutachtens vom Dienstag bekannt gab. Eine Sachverständige habe im Auftrag des Kreisverwaltungsreferates den Hund getestet, der Pauline gebissen hatte. Ihr Fazit: Die Halterin darf den Hund behalten mit der Maßgabe, dass er beim Ausführen einen Maulkorb tragen und in der Nähe von Menschen an die Leine muss.

Auf SZ-Nachfrage ergänzt die KVR-Sprecherin, dass der Stresstest mit einem Kind erfolgt sei, das sich unter anderm schreiend auf den Boden geworfen habe. Darauf habe der Hund nicht reagiert. Jedoch müsse man den Mischlings-Rüden als "Angstbeißer" einstufen, wenn er sich bedrängt fühle.

Für Paulines Vater ist "dieses lasche Verhalten ein absoluter Skandal". Das KVR versage selbst jetzt und sei nicht in der Lage, den Hund ins Tierheim zu bringen.

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