Nach der Kommunalwahl:Rot-grün-rosa Koalition auf Partnersuche
Die kleinen Parteien im Münchner Rathaus machen dem neuen Oberbürgermeister Reiter das Leben schwer. Statt sich als willige Koalitionspartner anzubieten, schließen sie lieber untereinander Bündnisse. Die SPD könnte deshalb trotz ihres Sieges bei der OB-Wahl in eine Juniorrolle rutschen.
Von Dominik Hutter
Bei den Verhandlungen um eine Koalition im Münchner Rathaus brechen SPD, Grünen und Rosa Liste immer mehr potenzielle Partner weg: Die neu gewählten Stadträte Thomas Ranft (Piraten) und Wolfgang Zeilnhofer-Rath (Wählergruppe Hut) wollen lieber mit der FDP zusammenarbeiten - am Freitag stellten sie ihre neue Fraktion mit dem Vorsitzenden Michael Mattar (FDP) vor. Zwar will sich das Bündnis Gesprächen mit anderen Parteien nicht verweigern. Alle Beteiligten machten aber klar, dass der Dreier-Pakt auf Opposition ausgelegt ist. Man wolle allenfalls in Einzelfragen mit den Großen mitstimmen.
Der Schritt verschlechtert die Verhandlungsposition von SPD, Grünen und Rosa Liste erheblich - zumal sich am Donnerstagabend auch ÖDP und Linke auf die Zusammenarbeit in einer Ausschussgemeinschaft geeinigt haben. Beide sind aber weiterhin zu einem Bündnis mit SPD, Grünen und Rosa Liste bereit. Allerdings nicht zu jedem Preis.
Beim anstehenden Treffen mit dem künftigen Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) wollen ÖDP und Linke bereits gemeinsam auftreten, mit nunmehr vier Sitzen im Rathaus können sie das mit großem Selbstbewusstsein tun. Denn Rot-Grün hat nicht mehr viel Auswahl: Auch Freie Wähler und Bayernpartei sind bereits im Oppositionsbündnis "Bürgerliche Mitte" formiert, eine Zusammenarbeit mit der AfD oder dem Rechtsradikalen Karl Richter kommt nicht in Frage.
Bleiben also nur ÖDP und Linke - oder aber die große Koalition. Allerdings stellt die CSU neuerdings die größte Stadtratsfraktion. Die Sozialdemokraten könnten deshalb trotz ihres Sieges bei der OB-Wahl in eine Juniorrolle rutschen.
"Da ist noch lange nichts fix"
Ob ÖDP und Linke ausschließlich im Zweierpack zu haben sind, ist unklar. Das Bündnis sei eine "technische Sache", betonte ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff - was bedeutet, dass Organisatorisches im Vordergrund steht: Eine Ausschussgemeinschaft öffnet beiden Parteien den Weg in die Fachausschüsse. Es sei denkbar, dass man sich nach weiteren Verhandlungen aber auch inhaltlich zu einer echten Fraktion zusammenschließt.
"Da ist noch lange nichts fix", erklärte Linken-Stadträtin Brigitte Wolf. Die Politikerin macht keinen Hehl daraus, dass ihr im Falle eines Bündnisses mit SPD, Grünen und Rosa Liste eine allzu knappe Mehrheit unheimlich ist. Alle fünf Parteien zusammen hätten, den Oberbürgermeister eingeschlossen, 43 von 80 Sitzen und damit eine stabile Mehrheit. Macht nur einer der beiden mit, schrumpft der Vorsprung auf eine einzige Stimme.
Wie groß die thematische Übereinstimmung im Bündnis aus FDP, Piraten und Hut ist, wird sich wohl erst in den nächsten Monaten herausstellen. Zwar betonen alle Partner die gute Atmosphäre und den Umgang "auf Augenhöhe". Das zweiseitige Grundlagenpapier, das als Basis der Zusammenarbeit dienen soll, ist aber in vielen Punkten recht allgemein gehalten - vor allem bei Themen wie Mieterschutz und Soziales sind Differenzen zu erwarten. Auf einen Fraktionszwang bei Abstimmungen wollen die Partner verzichten. Eine wesentliche Rolle bei der Gründung des Bündnisses haben offenbar persönliche Aspekte gespielt. So kennen sich Mattar und Ranft schon seit 20 Jahren. Der heutige Piraten-Stadtrat war einst Mitarbeiter der FDP-Landtagsfraktion, trat aber 2006 bei den Liberalen aus. Sowohl Ranft wie auch Zeilnhofer-Rath beklagen zudem, von der SPD von oben herab behandelt zu werden.
Der künftige OB Dieter Reiter beurteilt die neue Situation gelassen. Es habe sich abgezeichnet, dass es wegen der dann verbesserten Arbeitsmöglichkeiten zu Zusammenschlüssen der kleinen Gruppierungen kommt. Reiter kündigte Gespräche auch mit der neuen FDP-Hut-Piraten-Fraktion an. Er sei zuversichtlich, eine regierungsfähige Mehrheit zusammenzubekommen.