Mythos Tempelhof: Ausstellung in München:Der Duft der kleinen weiten Welt

Geliebt, verlassen - aber nie vergessen: Eine Ausstellung des Fotografen Maximilian Meisse gibt ungewöhnliche Einblicke in den Berliner Flughafen Tempelhof. Und zeigt Räume, die der normale Tempelhof-Nutzer nie zu Gesicht bekam.

Evelyn Vogel

13 Bilder

Maximilian Meisse, Fotoausstellung Galerie Henn, München, Flughafen Berlin Tempelhof

Quelle: Maximilian Meisse

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Das Flugzeug aus Mannheim ist gelandet, ebenso das aus Münster. Erwartet werden Flüge aus Brüssel und aus etwas, das auf ...brücken endet. Saarbrücken vielleicht? Würde passen, in einer Welt, in der das Fernweh an der EU-Beamten-Stadt in Belgien an seine Grenzen stößt. Dabei, stand Tempelhof nicht einst für die große weite Welt? Für Transatlantikflüge, für Aufbruch, für Weltläufigkeit?

Aber wir wollen nicht ungerecht sein. Was an diesem Tag im Herbst 2006 um 16.15 Uhr vom einst internationalen Flugverkehr in Berlin-Tempelhof noch übrig ist und wovon die Anzeigetafel kündet, ist nicht mehr als ein matter Abglanz dessen, was Tempelhof einst wirklich war. Und wenig war das nicht.

Maximilian Meisse, Fotoausstellung Galerie Henn, München, Flughafen Berlin Tempelhof

Quelle: Maximilian Meisse

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Tempelhof - ein Stück deutscher Geschichte und mit seinen von dort im 90-Sekunden-Takt landenden "Rosinenbombern" während der Berliner Luftbrücke auch ein Stück internationaler Nachkriegsgeschichte. Wie viel oder wie wenig Tempelhof in den zwei Jahren bis zu seiner Schließung im Jahre 2008 noch davon erzählte, wird deutlich in der umfangreichen Fotodokumentation des Berliner Fotografen Maximilian Meisse, die derzeit in der Henn Galerie zu sehen ist.

Maximilian Meisse, Fotoausstellung Galerie Henn, München, Flughafen Berlin Tempelhof

Quelle: Maximilian Meisse

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Einst Exerzierplatz, Rennbahn und Fußballfeld, schrieb man von den zwanziger Jahren an Luftfahrtgeschichte auf dem Feld in Tempelhof. Mitte der Dreißiger begann der Architekt Ernst Sagebiel mit dem Bau des heute unter Denkmalschutz stehenden Zentralgebäudes.

Maximilian Meisse, Fotoausstellung Galerie Henn, München, Flughafen Berlin Tempelhof

Quelle: Maximilian Meisse

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Es war damals das flächenmäßig größte Gebäude der Welt und gilt bis heute als "die Mutter moderner Flughäfen", wie der englische Architekt Norman Forster Tempelhof einst nannte.

Maximilian Meisse, Fotoausstellung Galerie Henn, München, Flughafen Berlin Tempelhof

Quelle: Maximilian Meisse

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Dessen halbbogenförmige Flughalle von 1,2 Kilometern Länge, unter deren über 40 Meter weit auskragenden stählernen Dachkonstruktion entlang des Flugsteigs Maschinen bis zu einer Höhe von fast zwölf Meter rollen konnten, um dort abgefertigt zu werden, beeindruckt noch immer - in Natura wie auf dem Foto.

Maximilian Meisse, Fotoausstellung Galerie Henn, München, Flughafen Berlin Tempelhof

Quelle: Maximilian Meisse

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Aber es sind nicht nur die Außenaufnahmen von Tempelhof mit den glatten Fassaden, den stalaktitartigen Stahlstützen und ausgreifenden -konstruktionen des Flugsteigs und der Hangars (Foto) in Meisses Fotoserie, die bemerkenswert sind und eine gewisse Sogwirkung entfalten.

Maximilian Meisse, Fotoausstellung Galerie Henn, München, Flughafen Berlin Tempelhof

Quelle: Maximilian Meisse

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Es sind vor allem die Aufnahmen aus dem Innern. Räume, die mitunter eine mehrfache Überformung von Epochen erlebten und von denen der 41-jährige Fotograf und diplomierte Architekt, der Spurengänger und Sammler von Orten mit Charakter ist, Geschichten über Geschichten erzählen kann.

Maximilian Meisse, Fotoausstellung Galerie Henn, München, Flughafen Berlin Tempelhof

Quelle: Maximilian Meisse

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Viele Räume bekam der normale Tempelhof-Nutzer nie zu Gesicht. Von den Katakomben mit den Versorgungstunnels bis zum Filmarchiv, dessen Inhalt beim Versuch russischer Soldaten, die Tür aufzusprengen, in Flammen aufging und vollständig vernichtet wurde. Aber auch die VIP-Lounges (Foto) waren naturgemäß nur Wenigen vorbehalten.

Maximilian Meisse, Fotoausstellung Galerie Henn, München, Flughafen Berlin Tempelhof

Quelle: Maximilian Meisse

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Hier trafen sich mitunter Staatsoberhäupter zu konspirativen Besprechungen, hier warteten Militärs und Prominente auf ihren Abflug. Um diesen mitunter schäbigen Charme von durchgesessenen Sofas und großkotzig gemauerten Blumeninseln mit der Kamera festzuhalten, benötigte Meisse wie in vielen anderen Bereichen des damals ja noch genutzten Flughafens eine Sondergenehmigung.

Maximilian Meisse, Fotoausstellung Galerie Henn, München, Flughafen Berlin Tempelhof

Quelle: Maximilian Meisse

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Auch Innenbereiche wie die nach der Bauunterbrechung durch den Zweiten Weltkrieg nie mehr vollständig fertig gestellten Treppenhäuser oder die durch nachträglich abgehängte Einzüge verborgenen Kassettendecken der ursprünglich 15 Meter hohen Ehren- oder Eingangshalle blieben den Besuchern für immer verborgen. Eine Überwölbung der Funktionalität und damit eine "Transformationen des Raums", wie Meisse sagt, erlebten etliche Räume. Am markantesten hierfür: Der Einbau von Versorgungs-, Sport- und Freizeiteinrichtungen wie die Basketballhalle (Foto) oder...

Maximilian Meisse, Fotoausstellung Galerie Henn, München, Flughafen Berlin Tempelhof

Quelle: Maximilian Meisse

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... die amerikanische Lounge (Foto) für die 1500 US-Soldaten, die Tempelhof bis 1993 als US-Militärstützpunkt nutzten.

Maximilian Meisse, Fotoausstellung Galerie Henn, München, Flughafen Berlin Tempelhof

Quelle: Maximilian Meisse

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Beinahe noch im Originalzustand glänzt hingegen der Eichensaal, dessen namengebende Kronleuchter mit den schmiedeeisernen Eichenblättern noch lange strahlten, während das wunderschöne Eichen-Kassetten-Parkett an der Seite aufgebrochen war, was so gar nicht zum Gesamteindruck des Raumes passen wollte.

Maximilian Meisse, Fotoausstellung Galerie Henn, München, Flughafen Berlin Tempelhof

Quelle: Maximilian Meisse

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Teilbereiche des Restaurants, die Gepäckhalle - sie alle wirken auf Meisses Fotografien wie verlassen, und man muss sich immer wieder klar machen, dass der Flughafen Tempelhof zu der Zeit noch in Betrieb war. Aber ach! Was will man von einem Betrieb erwarten, der nichts anderes kennt als Mannheim, Brüssel und Saarbrücken...

Maximilian Meisse: Tempelhof, Henn Galerie, Augustenstraße54, bis 10. Mai, Di-Fr 13-19 Uhr, Sa 10-16 Uhr. Finissage am 10. Mai um 19 Uhr. Der gleichnamige Bildband ist im Wasmuth-Verlag erschienen.

© sueddeutsche.de/tob
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