Wenn ein Unternehmen expandiert, ist das für Werbestrategen stets ein Grund zur Freude. Potenzielle Kunden müssen schließlich überzeugt und angesprochen werden, je kreativer, desto besser. In den Agenturen rauchen also die Köpfe der Werbetexter. Und heraus kommt dann: „Bitte lecheln“.
So oder so ähnlich dürfte es jedenfalls beim Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) abgelaufen sein. Seit Jahresbeginn sind dem Unternehmen die Landkreise Weilheim-Schongau und Landsberg am Lech beigetreten. Letzterer hat die Marketingstrategen zu dem Wortspiel angeregt, das bei Wortwitz-Freunden für Begeisterung sorgen dürfte, während sich bei anderen die Fußnägel aufstellen. Laut MVV-Chef Bernd Rosenbusch aber ist die nächste Erweiterung des Verbundraums tatsächlich ein Grund zum Lächeln: Durch die Vergrößerung des Gebiets ist der MVV nun für den öffentlichen Nahverkehr von 3,7 Millionen Menschen zuständig. Für die Fahrgäste ergibt sich dadurch ein großer Vorteil: Wer etwa von München nach Landsberg möchte, kann die Strecke mit einem MVV-Ticket fahren und spart sich so neben Geld das Studium verschiedener Tarifpläne.
In Zeiten des Deutschlandtickets mag das für Vielfahrer uninteressant sein. Wer allerdings nicht so oft mit Bus oder Bahn unterwegs ist, dürfte sich darüber freuen. Zudem erklärt Rosenbusch: Die Ausweitung des MVV-Tarifs sei für die Fahrgäste „das Rettungsnetz, wenn das Deutschlandticket wegfällt“. Denn die Finanzierung des nun 58 Euro teuren Monatstickets sei zwar für 2025 gesichert. Für 2026 aber gebe es noch Fragezeichen. Und damit ist Rosenbusch an einem Punkt, an dem es erst mal nichts mehr zu lächeln gibt. „Wenn das Ticket wegfällt, dann bricht der ÖPNV zusammen“, prophezeit der MVV-Chef.
Denn das Angebot erfreue sich auch nach der Preiserhöhung großer Beliebtheit. „Wir haben nicht weniger Tickets verkauft“, sagt Rosenbusch. Ohne Deutschlandticket würden viele Fahrgäste, gerade aus dem Großraum München und dem Umland, wieder auf das eigene Auto umsteigen. Das sei dann gerade für längere Strecken die günstigere Alternative, erst recht, weil der aktuelle Preis von 58 Euro kaum zu halten sein dürfte.

Um seine Kundschaft bei der Stange zu halten und die politisch forcierte Verkehrswende voranzutreiben, bleibt der MVV auf Expansionskurs. Mit Beginn des kommenden Jahres treten der Landkreis Garmisch-Partenkirchen sowie die Stadt Landshut und der dazugehörige Landkreis bei, auch Mühldorf soll Teil des MVV-Gebiets werden. Mit thematisch ausgerichteten Bustouren will der MVV zudem das Freizeitangebot stärken: Mit einer Museums-, einer Biergarten- und einer Klostertour wird es in den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Miesbach, Starnberg, Bad Tölz und Wolfratshausen Busrouten geben, auf denen sich etwa das Pfefferminzmuseum in Eichenau oder das Kloster Andechs besuchen lassen. Durch diese Angebote möchte der MVV dazu beitragen, den Freizeitverkehr auf den Straßen zu reduzieren.
Zudem blicken Rosenbusch und seine Kollegen nach Augsburg. Bis zu 10 000 Autos pro Tag könnte man mit einer Erweiterung des Verbundraumes in Richtung Schwaben von der viel befahrenen A 8 bekommen, hat der MVV berechnet. „Das ist verkehrspolitisch auf jeden Fall sinnvoll“, sagt Rosenbusch. Denn bezahlbare Tickets und eine gute Taktung der Verbindungen seien schließlich das beste Argument dafür, Menschen aus dem Auto in Bus und Bahn zu bringen. Ab wann sich das MVV-Gebiet bis nach Augsburg erstrecken könnte, lässt sich nicht abschätzen.
Und dann ist da noch die Frage nach dem Geld. Ein guter ÖPNV ist teuer. Und weil die Infrastruktur in der Vergangenheit bekanntlich vernachlässigt wurde, müssen sich auch die Münchner auf hohe Kosten und viele Baustellen einstellen. Fast 45 Milliarden Euro sind laut Rosenbusch dafür bis 2040 allein im MVV-Gebiet notwendig. Nicht einmal ein Drittel davon ist bislang gegenfinanziert. „Wir müssen Geld in die Infrastruktur stecken“, fordert Rosenbusch. Auch dabei lächelt er nicht.