MVG:Verfahrene Situation

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Neue U-Bahn vom Typ C2 macht auf einem Testgelände Probefahrten. (Foto: N/A)
  • Seit Anfang August stehen die Trambahnen der neuesten Generation wieder im Depot. Fast 20 fertige U-Bahnen vom Typ C2 können nicht eingesetzt werden.
  • Beiden Fahrzeugtypen fehlt die Zulassung durch die Bezirksregierung.
  • Die Aufseher in München und die MVG-Verantwortlichen streiten immer wieder darum, wie viele Expertisen von Sachverständigen notwendig sind.

Von Marco Völklein

Wie geht es weiter im Zulassungsstreit zwischen der Regierung von Oberbayern und der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) um die neuen U- und Trambahnen? Seit Anfang August stehen die Trambahnen der neuesten Generation wieder im Depot. Und auch die fast 20 fertigen U-Bahnen vom Typ C2 können nicht eingesetzt werden - weil für beide Fahrzeugtypen die Zulassung durch die Bezirksregierung fehlt. Wann die Fahrzeuge fahren werden, ist offen. Klar ist nur: Die Zuständigkeiten werden sich nicht ändern. Denn anders als bei der Eisenbahn gibt es für U- und Trambahnen keine zentrale Zulassungsstelle für ganz Deutschland - diese Fahrzeuge und deren Betreiber werden jeweils von lokalen Behörden beaufsichtigt.

Hintergrund dafür ist der deutsche Föderalismus, erläutert Daniel Brand vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Der Bund ist nur für die "interoperablen Systeme" zuständig - also für Schienenfahrzeuge, die wie beispielsweise eine Güterzuglok, ein Reisewaggon oder auch ein S-Bahn-Zug bundesweit eingesetzt werden können. Für diese Fahrzeuge liegt die Zuständigkeit beim Eisenbahnbundesamt, kurz EBA, in Bonn. U-Bahnen und Straßenbahnen dagegen sind "strikt lokale Systeme", erläutert Brand. Sie können in der Regel nur in der jeweiligen Stadt rollen. Und für die sind die Bundesländer zuständig - in Bayern hat die Staatsregierung die Verantwortung vor Jahren schon an die Bezirksregierungen übertragen.

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Jede Stadt braucht ein eigenes System

Bestellt die MVG ein neues Fahrzeug, greifen die Hersteller zwar auf Teile aus ihren diversen Baukästen zurück - sozusagen von der Stange aber ist kaum eine U-Bahn oder Trambahn zu bekommen. Jede Bahn muss von den Herstellern auf das Netz der jeweiligen Bestellerstadt detailliert zugeschnitten werden. Das fängt schon bei der Spurweite an: In München fahren Trambahnen in Normalspur (1435 mm), in Mannheim, Würzburg oder Cottbus dagegen sind Straßenbahnen mit Meterspur unterwegs.

Und so geht es weiter: In Stuttgart zum Beispiel müssen die Bahnen starke Steigungen überwinden, auch in Augsburg stellt der relativ steile Perlachberg für Schienenfahrzeuge eine Herausforderung dar. Hinzu kommen Punkte wie Kurvenradien, die Tragfähigkeit von Brücken oder das sogenannte Lichtraumprofil - also der Platz, der den Trambahnen im Straßenraum und den U-Bahnen im Untergrund zur Verfügung steht.

All das sind Parameter, die von Stadt zu Stadt unterschiedlich sein können. Entsprechend werden sie auch von den örtlichen Aufsichtsbehörden geprüft. In München etwa gab es lange Zeit einen Streit darüber, ob die hiesigen Brücken mit der Lastverteilung bei den Straßenbahnen vom Typ Variobahn klarkommen. Das städtische Baureferat musste aufwendige Gutachten vorlegen, ehe die Aufsichtsbehörde die Zulassungspapiere ausstellte.

Zulassungsantrag vom örtlichen Betreiber

Ohnehin streiten sich die Aufseher in München und die MVG-Verantwortlichen immer wieder darum, wie viele Expertisen von Sachverständigen notwendig sind. Laut VDV-Mann Brand ist auch diese Frage bundesweit nicht einheitlich geregelt - jede Zulassungsbehörde könne selbst entscheiden, welche Nachweise sie von den jeweiligen Betreiberfirmen einfordert. Zwar hätten sich Fachleute in einem Bund-Länder-Fachausschuss vor einiger Zeit im Konsens auf eine Art Checkliste geeinigt, um "einheitliche Standards bei der Nachweisforderung" zu erreichen.

Doch diese Checkliste habe allenfalls einen empfehlenden Charakter, sagt Brand. Um sie verbindlich vorzuschreiben, müssten die jeweiligen Länder, also in diesem Fall die bayerische Staatsregierung, sie im Zuge einer Verwaltungsvorschrift einführen. Bislang aber ist das nicht geschehen.

Bleibt abschließend noch eine Frage, die sich viele Autofahrer in dem Zusammenhang stellen: Wieso kauft die MVG überhaupt ein Fahrzeug, für das gar keine Zulassung vorliegt? Könnte sie das ganze Gezerre um die Zulassung, mithin also auch das wirtschaftliche Risiko, nicht einfach an den Hersteller auslagern, also zum Beispiel an die Firma Stadler oder den Siemens-Konzern? "Nein", sagt Verkehrsjurist Brand. Das lasse der Gesetzgeber schlicht nicht zu. Den Zulassungsantrag muss der örtliche Betreiber stellen, also das Nahverkehrsunternehmen. Denn bei diesem liegt ja auch die Verantwortung für das jeweilige Schienennetz.

Ob also die neue U-Bahn so konstruiert wurde, dass sie unbeschadet durch die Tunnelstrecken im Münchner Untergrund passt, oder ob die neue Trambahn die engen Kurvenradien am Maxmonument nehmen kann, ohne eine entgegenkommende Trambahn zu touchieren - diesen Nachweis muss die MVG bringen. Denn auf das Schienen- und Tunnelnetz hat ein Hersteller wie zum Beispiel Siemens keinen Einfluss.

© SZ vom 11.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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