Muslime in München:Aus für die Sendlinger Moschee

Am Gotzinger Platz wird nicht gebaut, weil der Dachverband kein Geld gibt. Die Muslime sind wütend - nicht nur sie.

J. Bielicki, T. Neshitov und M. Maier-Albang

Der umstrittene Moscheebau am Gotzinger Platz steht vor dem Aus. Nachdem die Bauherren vom Münchner Moscheeverein Ditim keine Chance mehr sehen, von ihrem bundesweiten Dachverband genügend Geld für das 15-Millionen-Euro-Projekt zu bekommen, werden sie ihre Pläne für das Islamzentrum nicht weiter verfolgen. "Ich möchte nicht der Verkünder schlechter Botschaften sein, aber nun ist das letzte Wort über das Projekt gesprochen", bestätigte Recep Dereli der Süddeutschen Zeitung.

Aus für Moschee in Sendling; dpa

So hätte sie aussehen sollen: Die Moschee am Gotzinger Platz im 3-D-Modell. Ihr Bau scheitert an der Finanzierung.

(Foto: Foto: dpa)

Dereli war am Sonntag nach einer emotionsgeladenen Aussprache der Sendlinger Muslim-Gemeinde von seinem Amt als Ditim-Vorsitzender zurückgetreten. Auf dieser Versammlung hatten drei Abgesandte des Dachverbandes Ditib den Gemeindemitgliedern jede Hoffnung geraubt, dass dieser die Finanzierung des Moscheebaus übernehmen werde. "Wir finanzieren den Bau von Moscheen nirgendwo in Deutschland, auch nicht in München", erklärte Mehmet Günet, der Baubeauftragte des Dachverbandes, der Süddeutschen Zeitung, "das übernehmen ausschließlich die Ortsvereine."

"Ohne uns Bescheid zu sagen"

Der Dachverband habe der Münchner Gemeinde "immer gesagt: Baut so, dass ihr das auch finanzieren könnt!" Ditim, so Günet weiter, habe jedoch seit 2005 "kein plausibles Finanzkonzept" vorgelegt. Nur bei einem belastbaren Konzept jedoch sei der Dachverband bereit, jene vier Millionen Euro, die er aus dem Verkauf der alten Moschee an der Schanzenbachstraße erlösen hätte können, in den Bau des neuen Gotteshauses zu stecken. Doch habe der Münchner Verein bisher nur 300.000 Euro gesammelt: "Das reicht nicht mal zum Kauf des Grundstücks." Das Gelände am Gotzinger Platz würde 5,5 Millionen Euro kosten.

Dagegen warf der Münchner Vorsitzende Dereli den "Herren aus Köln" vom Dachverband vor, die Gemeinde im Stich gelassen zu haben. Ditib habe sich "wohl schon vor Jahren" von dem Projekt verabschiedet, "ohne uns Bescheid zu sagen", klagte Dereli und begründete so seinen Rücktritt: "Das ist einfach unanständig gegenüber denen, die sich für die Moschee engagiert und dafür gespendet haben."

Enttäuschung und Wut

Journalisten wurden zu der knapp vierstündigen Veranstaltung, die vergangenen Sonntag nach dem Mittagsgebet anfing, nicht eingeladen. Offenbar wollte der Vereinsvorstand die emotionsgeladene Aussprache mit dem Besuch aus Köln nicht an die große Glocke hängen.

Die Gemeindemitglieder hatte der Imam beim großen Freitagsgebet aufgerufen, am Sonntag zahlreich zu erscheinen. Es kamen rund 150 Menschen; auch zwei türkische Journalisten waren im Laufe des Nachmittags dabei. Die Reporter von Hürriyet und Zaman berichten von "sehr aufgeregten Diskussionen", "Kommunikationspannen" und "gegenseitigen Anschuldigungen". Zahlreiche Ditim-Mitglieder, die sich seit fünf Jahren für das Moschee-Projekt engagieren und auch gespendet haben, brachten laut Hürriyet ihre "Enttäuschung und Wut" zum Ausdruck.

Ude bedauert die Entwicklung

Abdullah Uzunalioglu, einer der drei Ditib-Delegierten, versuchte, die Gemüter zu beruhigen. 15 Millionen Euro sei "unter heutigen Umständen" ein zu hoher Preis: "Wir können dieses Moschee-Projekt nicht weiter verfolgen. Lasst uns lieber die bestehende Moschee restaurieren!" Den Umbau der alten Moschee an der Schanzenbachstraße, für den bereits eine Baugenehmigung vorliegt, hält auch der zurückgetretene Ditim-Vorsitzende Dereli für den nun einzig gangbaren Weg. Die dafür nötigen 1,5 Millionen Euro könne die Gemeinde schultern. Allerdings muss darüber erst ein neu zu wählender Gemeindevorstand beschließen.

Oberbürgermeister Christian Ude bedauerte die Entwicklung. Die Stadt könne aber "nur Bauanträge von Bauherren bearbeiten, die auch bauen wollen", sagte der OB. Dass die Moschee nun doch nicht gebaut werde, liege daher "nicht an der Stadt und der Stadtpolitik, sondern allein am türkischen Dachverband", so Ude. Das Aus für den Moscheebau werde darum "das Verhältnis Münchens zu seinen Muslimen nicht belasten".

"Eine Blamage für die Türkei"

Walter Höfler, der Architekt, der die Moschee in Sendling errichten will, ist verärgert über die Vorgehensweise der Kölner Ditib-Vorstände. "Da kommen wie in einem Emirat drei Abgesandte der Zentrale und eliminieren den Bau."

Seit 2005 plant er gemeinsam mit den Ditim-Leuten die Moschee am Gotzinger Platz. Er könne, sagt Höfler, nun einfach nicht fassen, dass die Münchner Türken "ohne Widerstand die Flinte ins Korn werfen" und den Kölnern nachgeben. "Dabei haben wir das Schlimmste doch hinter uns."

Die Gegnerschaft sei weitgehend verstummt, hat Höfler in den letzten Monaten bemerkt. Und der Bebauungsplan soll im März oder April rechtskräftig werden. Von da an hätte der Verein neun Monate Zeit, ein Finanzierungskonzept zu erstellen. Doch nun hat die Kölner Zentrale das Projekt für tot erklärt, "eine Blamage für die Türkei", findet Höfler.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: