Kultur:München lässt seinen Musikern keinen Raum

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Sound of Munich Now im Feierwerk Angiz (Foto: Florian Peljak)

Zu wenig Platz und schmutzige Toiletten: Für Bands in München ist es schwer, geeignete Probenräume zu finden - das zeigt eine Umfrage.

Von Jürgen Moises

Es gibt zu wenige passende, gut erreichbare und bezahlbare Proberäume für Bands in München. Was viele Musiker täglich erleben, hat nun auch eine Umfrage zu Tage gebracht, die das studentische Team Forwart von der Hochschule für Musik und Theater im Auftrag der Fachstelle Pop durchgeführt hat und die am Montag vorgestellt wurde.

Die Präsentation fand als Teil der Reihe "Cheers - Treffen der Münchner Musikszene" im Maxes in der Landsberger Straße statt. Das heißt in einem kleinen Partyraum, hinter dem sich über zwei Stockwerke ein Labyrinth aus insgesamt 70 Proberäumen eröffnet. Der passende Ort also, um mit der Proberaum-Frage über einen Dauerbrenner im Münchner Kulturleben zu sprechen.

Dass es in München viel zu wenig Räume gibt, das ist keine neue Erkenntnis. Sondern etwas, woran es in München "schon seit 30 Jahren" krankt, wie jemand aus dem Publikum bemerkte. Zu diesem gehörten Musiker und Produzenten ebenso wie Veranstalter, Journalisten und Club-Betreiber.

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Leute, wie sie Julia Viechtl von der Fachstelle Pop mit der von ihr geleiteten Reihe auch zusammenbringen will. Viechtl sieht die generelle Grundaussage der Umfrage tatsächlich auch als gar nicht so wichtig an, sondern vielmehr, "dass wir statt gefühlter Wahrheiten" endlich "konkrete Zahlen" haben, mit denen man "konkrete Forderungen stellen" kann.

Das Team Forwart hat mehr als 1000 Musiker angefragt. 260 Bands haben geantwortet und Fakten zu ihrer Raumsituation geliefert. Dabei kam unter anderem heraus: 20 Prozent der Bands haben keinen festen Proberaum und mehr als die Hälfte der Bands ohne Proberaum sucht schon seit mehr als einem Jahr. 75 Prozent teilen sich ihren Raum mit anderen, die meisten mit fünf oder mehr Bands. Knapp die Hälfte der Gruppen probt auf elf bis 20 Quadratmetern, die Mehrheit bezahlt zwischen 300 und 400 Euro, viele haben ihren früheren Raum wegen zu hoher Mieten gekündigt.

Dass es oft keine Heizungen und sauberen Toiletten gibt, das wurde ebenfalls bemängelt. Zu wenig Räume bedeute "wenig kreativer Output", schreibt eine Band. "Konnte zwei Jahre kein Bandprojekt starten, da kein Raum zur Verfügung stand", erklärt ein Musiker.

Es benötige "Investitionen der Regierung", und einer schreibt: "Wir sind in einem Raum, der keine Heizung hat, schwarz vermietet wird und dennoch können und müssen wir froh sein, überhaupt einen Raum zu haben." Interessant ist: Ungefähr die Hälfte der befragten Bands wäre bereit, für einen guten Proberaum auch aus der Innenstadt herauszufahren.

Einig sind sich fast alle: Es gibt einiges zu tun. Und hatte nicht Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) in seinem 100-Tage-Programm nicht genau das auch versprochen? Dass sich zumindest ein paar Dinge getan haben, davon durfte Alexander Friedrich vom Kulturreferat berichten. Gemeint sind damit etwa die Mietzuschüsse, die es seit 2018 für Proberäume gibt. Die aber nur an Musiker mit Hochschulabschluss vergeben werden, wie einer in der Diskussion sofort kritisch einwarf.

Worauf Friedrich entgegnete, das Modell sei nicht "in Stein gemeißelt", und: "Wir sind offen für Vorschläge." Als weitere Belege für einen "neuen Wind" in Sachen Proberäume wurden dann auch noch die zehn Proberaum-Container genannt, die 2020 auf dem Feierwerk-Gelände stehen sollen. Und die Stelle, die im Kulturreferat speziell für Proberäume geschaffen worden ist und die Alexander Friedrich aktuell bekleidet.

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Dass das alles gefühlt und faktisch zu wenig sei, das konnte man den Reaktionen anhören. Und dass der Stadt der wirkliche Entscheidungswille fehle. Das sieht jedenfalls Oliver Fendt vom Music Club Munich so, der selbst Übungsräume vermietet. Er erzählte von seinem Bauantrag, im Euro-Industriepark ein Gebäude aufzustocken und dort bis zu 50 Proberäume einzubauen. Der Antrag wurde abgelehnt, mit der für Fendt seltsamen Begründung, dass das nicht ginge, weil der Industriepark in seiner jetzigen Form zu erhalten sei.

Einen Schritt weiter scheint Martin Wehr gekommen zu sein. Der Betreiber der Proberäume im Maxes möchte die Zahl der Räume auf 200 aufstocken. Um die Stadt und seinen Vermieter zur Zustimmung zu bewegen, habe es viel Lobby-Arbeit gebraucht. Eine verbindliche Unterschrift fehle immer noch und so sei die Zukunft weiter offen.

Das gilt auch für viele weitere Probleme, die sich das Kulturreferat bei einem "Popmusik Hearing" am 3. Dezember im Feierwerk anhören und dann sammeln will. Was Ernst Wolfswinkler gut und wichtig findet, der Feierwerk-Geschäftsführer sagt: "Nur eine Tür, die quietscht, wird gehört." Die Musiker müssten laut sein, um gehört zu werden. Noch schöner wäre es, endlich auch Lösungen zu finden.

© SZ vom 14.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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