Musical:Tanz mit der Knochenfrau

Lesezeit: 2 min

Die tödlichen Waffen einer Frau: Die Boandlkramerin (Tanja Maria Froidl) hat es auf den Brandner Kaspar (Karl-Heinz Hummel) abgesehen. Der weiß sich zu wehren. (Foto: Burak Ekin)

Der Boandlkramer ist im Musical "Der Brandner Kaspar" weiblich. Die Inszenierung des bayerischen Klassikers pendelt nun zwischen dem kleinen Silbersaal des Deutschen Theaters und der großen Bühne des Festspielhauses Füssen.

Von Magdalena Zumbusch

"I bin so gern da und möcht's a bleiben", singt Armin Stockerer als Brandner Kaspar der Musical-Fassung, mit kräftiger, manchmal etwas rauer Stimme. Die Lebenslust sprudelt nur so in manchen Passagen, in anderen schwappt sie über zu etwas, das getrieben und rastlos klingt, nach Angst vor dem Tod. Ein zeitloses Thema, das die Liedtexte von Karl-Heinz Hummel mit Musik von Christian Auer in der Musical-Produktion des Festspielhauses Neuschwanstein umsetzen, jetzt zu sehen im Silbersaal des Deutschen Theaters. Die Geschichte: Im Tegernseer Land des 19. Jahrhunderts lebt der Anfang 70-jährige Brandner. Eines Abends steht ein hageres, schwarz gekleidetes Wesen in seiner Hütte: Der Boandlkramer, der Tod. Soweit auch die Musical-Inszenierung. Aber dann hat sich Regisseur und Festspielhaus-Intendant Benjamin Sahler für eine entscheidende Abänderung des Originalstoffs entschieden: für einen weiblichen Boandlkramer, gespielt von Tanja Maria Froidl.

Eine grundlegend andere Dynamik zwischen den beiden Hauptfiguren Boandlkramer und Brandner verfolgt das Stück dabei nicht: In Franz von Kobells Urfassung verführt der Brandner Kaspar den Boandlkramer geschickt zu Schnaps und Kartenspiel, bei dem er den mit beidem (Schnaps und Spiel) völlig unerfahrenen Boandlkramer schamlos betrügt und ihm 20 weitere Lebensjahre abhandelt. Was den sonst eisern seinen Dienst tuenden, an weltlichen Genüssen uninteressierten Boandlkramer überhaupt erst dazu verleitet, sich auf das Ganze einzulassen, ist die menschliche Nähe, die der Kasper ihm anbietet. "Komm, Boandlkramer, setz di her", so fängt die Szene an, und der Boandlkramer ist verdattert und bald geschmeichelt. Er? Ist wirklich er gemeint? Er ist begeistert vom wärmenden Schnaps und der Kumpanei.

Die romantische Verführung, die denkbar gewesen wäre, macht Sahler nicht aus der Szene, und das ist gut so. Letztlich berührt ja das Bescheidene: Einen, der, wo er auch auftaucht ungewollt ist, kann schon das Angebot, sich zusammenzusetzen und ein paar Stamperl zu teilen, begeistern. Der Boandlkramer-Brandner-Beziehung werden ihre beiden Darsteller mit den gesanglich stärksten Szenen der Inszenierung gerecht.

Weiblicher wird die Besetzung des Stücks auch durch drei Gestalten aus der bayerischen Sagenwelt, eine Wetterhex', das Rockadirl (der Geist einer jungen Tegernseerin, die sich nach einer verbotenen Liebschaft ertränkt) und eine Drude. Die drei treten meist mit der Boandlkramerin auf, umtanzen sie gerne in Teufelsmanier und sorgen für Musical-Gefühl. Ansonsten arten die Tanzszenen nicht aus, was auch der kleinen Bühne des Silbersaals geschuldet ist. Auf der größeren Heimatbühne in Füssen ist das Stück mit zusätzlichen Tänzern und Kinderchor von 26. November an zu sehen (in München immer wieder bis 16. Januar). Doch gerade weil hier keine Horden auftreten, überzeugen die Tanzszenen, die immer eng an der Handlung bleiben. Zum Schluss muss der Brandner mit weltlichen Genüssen in den Himmel gelockt werden. Die Menschen, die er liebt und in der Originalgeschichte im Himmel wiederfindet, spielen hier eine kleinere Rolle. Schade eigentlich um die schöne Schlussbotschaft.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: