Museum:Das Haus der Kunst steckt offenbar in finanzieller Schieflage

München:  Bauten des Nationalsozialismus

Das Haus der Kunst an der Prinzregentenstraße in München.

(Foto: Johannes Simon)
  • Sowohl im Finanzausschuss der Haus-der-Kunst-Stiftung als auch im Landtag gibt es große Zweifel an der Finanzplanung der Verwaltung vom Haus der Kunst.
  • Zahlreiche offene Rechnungen sollen sich auf eine Summe von mehr als einer Million Euro belaufen.
  • Die SPD im Landtag fordert in einem Dringlichkeitsantrag Aufklärung.
  • Die Geschäftsführung des Museums sagt, von "massiven Liquiditätsengpässen" könne keine Rede sein.

Von Susanne Hermanski

Das Haus der Kunst (HdK) steckt offenbar in finanziellen Problemen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat das Museum zahlreiche offene Rechnungen bei Transportunternehmen, Handwerkern und verschiedenen freien Mitarbeitern, die in Summe eine Million Euro überschreiten sollen - bei einem Gesamtjahresetat von sechs bis acht Millionen Euro.

Zweifel am Wirtschaftsplan des Hauses hegen auch Mitglieder des Finanzausschusses der HdK-Stiftung. Im Protokoll einer Sitzung vom 6. April heißt es wörtlich: "Die Jahresplanung erscheint unrealistisch und risikobehaftet." Die SPD-Landtagsfraktion sieht die finanzielle Situation des Museums so kritisch, dass sie am Mittwoch per Dringlichkeitsantrag einen Bericht über die Lage forderte. Die HdK-Geschäftsführung beruhigt derweil: Von "massiven Liquiditätsengpässen" könne keine Rede sein, finanzielle "jahresübergreifende Schwankungen" seien die Regel.

Außer den offenen Rechnungen beunruhigt den Finanzausschuss der Stiftung offenbar auch die Besucherkalkulation. Weil die große, in Kunstkreisen stark beachtete "Postwar"-Ausstellung weder die Erwartungen hinsichtlich der Besucherzahlen erfüllen konnte, noch von einem anderen Museum übernommen wurde, klafft ein besonders eklatantes Finanzloch. So sei für 2016 mit Kartenumsätzen von 900 000 Euro gerechnet worden; und obwohl schon diese Summe nicht erreicht wurde, habe die Geschäftsführung für 2017 sogar "mit noch höheren Kartenumsätzen in Höhe von 1 100 000 Euro gerechnet", heißt es in dem Protokoll vom April. Darin wird auch "die Kommunikation seitens der Geschäftsführung mit dem Finanzministerium bemängelt".

Ein in der Aufsichtsratssitzung vom Dezember angeforderter Quartalsbericht hat demzufolge dem Finanzministerium im April immer noch nicht vorgelegen. Bei der Sitzung im April ging es auch um erste Gegenmaßnahmen: So sollten einige Ausstellungen, die eigentlich für das Jahr 2017 geplant waren, aus Kostengründen auf das Jahr 2018 verschoben werden.

"Bei einem privatwirtschaftlichen Unternehmen würde man meiner Ansicht nach von der Gefahr einer Insolvenz sprechen", sagt Isabel Zacharias, die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion. Deshalb stellten die Abgeordneten nun den Dringlichkeitsantrag zur Klärung der Situation des teilweise staatlich finanzierten Hauses. Darin wird der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst des Landtages aufgefordert, unter anderem der Frage nachzugehen: "Werden derzeit Vorkehrungen getroffen, Liquidität zu bilden, um den Zahlungsverpflichtungen nachzukommen?"

Die Geschäftsführung des Hauses der Kunst, die aus dessen Direktor Okwui Enwezor, dem kaufmännischen Leiter Marco Graf von Matuschka und dem Chefkurator Ulrich Wilmes besteht, entgegnete auf Anfrage der SZ am Mittwoch: "Es kann nicht die Rede davon sein, dass das Haus der Kunst derzeit unter einem massiven Liquiditätsengpass leidet." Sie beruft sich auf normales Ausstellungsgeschäft: In Phasen, "in denen der Abbau einer umfangreichen Ausstellung sowie der Aufbau neuer Ausstellungen verbunden mit dem Import der internationalen Werke geleistet werden muss", entstünden hohe Aufwendungen. "Diese werden teilweise planungsgemäß erst durch spätere Erlöse vollständig gedeckt. Solche Fluktuationen wurden stets erfolgreich gelöst."

Nicht nur der künstlerische Betrieb ist aber offenbar eine Ursache für "Liquiditätsschwankungen". Das Haus der Kunst sieht sich auch mit der hohen finanziellen Forderung eines ehemaligen Mitarbeiters konfrontiert, der in einem Arbeitsgerichtsprozess um mehrere hunderttausend Euro klagt. Der Mann war 22 Jahre lang für das Museum tätig, ohne je fest angestellt zu sein. Die meiste Zeit arbeitete er weisungsbefugt und wurde als "Personalverwalter" auf der Homepage des Hauses der Kunst geführt. Er teilte das Sicherheitspersonal, die Aufsichten und die meisten Kassenkräfte ein.

Zusätzlich belasten den Etat eine Reihe kostspieliger juristischer Streitigkeiten, die der Betriebsrat des Hauses der Kunst gegen dessen Geschäftsführung in den vergangenen Jahren angestrengt hat. Das Gremium wollte damit die Einführung der sogenannten "Fragebögen zur Scientology-Zugehörigkeit" bei Neuanstellungen im Haus der Kunst durchsetzen, die im Freistaat seit 1996 vorgeschrieben sind, sobald öffentliches Geld fließt.

Das gilt bei jeder Art von Honorar, Fördergeld oder Lohn. Im Haus der Kunst wurden diese Fragebögen bis zum vergangenen Herbst nie verteilt, und die Geschäftsführung erklärte sich dazu auch erst auf massiven Druck des Aufsichtsrats und dessen Vorsitzenden, Kultusminister Ludwig Spaenle, bereit. Das Museum trennte sich in der Folge bislang von drei Mitarbeitern, der erste war der Personalverwalter, der nun klagt.

Die Geschäftsleitung führt zur Finanzlage auch an, dass sie in den vergangenen Jahren neue Förderer an das Haus habe binden können. So habe man nach dem Ausstieg der Schörghuber-Stiftung als wichtigsten und langjährigen Mäzen "die Alexander Tutsek-Stiftung als Hauptförderer der Institution gewonnen". Im Schreiben an die SZ heißt es zudem: "Die Geschäftsleitung konnte vom Bundestag 20 Millionen Euro für die Renovierung des Haus der Kunst sicherstellen. Ein bisher einmaliger Vorgang in Bayern." Ob der Bundestag allerdings damit einverstanden wäre, einen Teil der Renovierungs-Millionen für den Ausgleich von offenen Rechnungen zu verwenden, bleibt dahingestellt.

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