Fast müsste man sich wünschen, dass der Oktober in München kein goldener wird. Warum? Nun, um ausgiebig ins Museum gehen zu können. Denn etwas Zeit braucht’s schon, um all die tollen Ausstellungen anzusehen, die neu eröffnen. Die Liste ist lang und wer sich nicht bei der Langen Nacht der Museen am 18. Oktober zum Marathon durch die Ausstellungen aufmachen will, hat Glück, dass alle lang, ja teils sehr lang laufen.
Irgendwie merkt man schon immer mehr, wie sehr die Museen sparen müssen. Eine Möglichkeit, um Kosten zu reduzieren, ist die Laufzeiten auszudehnen. Große Blockbuster-Ausstellungen einzukaufen, die mit hohen Ausgaben einhergehen, wird immer schwieriger. Kooperationen und Übernahmen sind oft eine kostengünstige Möglichkeit für alle Beteiligten. Museen mit eigenen Sammlungen versuchen, diese durch neue Themensetzungen frisch und interessant zu erschließen. Hier also ein paar Tipps aus den großen Häusern Münchens.
Die vielleicht mit der meisten Spannung erwartete Ausstellung dürfte die des Architekturmuseums in der Pinakothek der Moderne sein. Weil sie nah am Puls der Zeit ist. City in the Cloud, Data on the Ground heißt sie und ist von 16. Oktober an zu sehen (bis 8. März 2026). Sie beschäftigt sich mit dem Wachstum globaler Dateninfrastrukturen, ohne die nichts mehr geht in unserer modernen Welt. Denn Daten sind gleichsam zur neuen Währung geworden.
Um diese fast schon galaktische Datenmenge zu verarbeiten, entstehen überall immer neue Rechenzentren. Energiehungrig und ressourcenintensiv sind sie auf sauberes Wasser und lokale Energienetze angewiesen. Zwar profitieren alle auch davon, weil vom privaten Verbraucher über kleine Handwerksbetriebe und Mittelständler bis zum Konzern alle immer mehr Rechenkapazitäten brauchen, doch das Nachsehen hat nicht selten die Natur und der urbane Raum. Die Ausstellung beschäftigt sich mit Orten, an denen Daten verarbeitet und konsumiert werden, und führt die materiellen und räumlichen Auswirkungen der Dateninfrastruktur vor Augen.
Eine Woche zuvor eröffnet ebenfalls in der Pinakothek der Moderne eine Ausstellung der Graphischen Sammlung: Thomas Scheibitz – A Tribute to Hermann Glöckner heißt sie. Darin setzt sich der zeitgenössische Maler und Bildhauer Scheibitz mit dem Werk des Dresdner Künstlers Hermann Glöckner (1889–1987) auseinander (8. Oktober bis 11. Januar 2026).
Über die Schwierigkeit, Werke bildender Kunst vollständig in Worte zu fassen und erfahrbar zu machen, die Grenzen des Sagbaren zu erweitern und das Poetische der vielen Ausdrucksformen der Künste nicht zu rationalisieren, sondern als Eigenwert anzunehmen, ging es der Künstlerin und Schriftstellerin Etel Adnan. In ihrem jüngsten Buch „Shifting the Silence“, das posthum 2022 auf Deutsch erschienen ist, hat sie sich dazu viele Gedanken gemacht. Shifting the Silence heißt nun auch eine Ausstellung im Lenbachhaus, die von 14. Oktober an Teile der Gegenwartskunst der Sammlung neu präsentiert.
Und noch zwei Ausstellungen, die die Sammlungsbestände unter neuen Gesichtspunkten erschließen: Confrontations heißt die eine, Long Story Short die andere. Beide sind im Museum Brandhorst von 23. Oktober an zu sehen. Confrontations stellt Werke einander gegenüber, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Aber durch die Paarbildung sollen sich neue Verständnisräume eröffnen. Zeit dazu hat man fast ein ganzes Jahr lang. Noch länger Zeit, sich die Ausstellung anzusehen, nämlich bis Januar 2027 besteht bei der anderen Präsentation, sodass man sich fragen kann, ob die Ausstellung statt „Long Story Short“ besser „Short Story Long“ heißen sollte. Zu sehen sind teils noch nie gezeigte Werke und Neuerwerbungen, die mit Ikonen des Museums in Dialog treten und so neue Perspektiven auf die mittlerweile mehr als 2000 Werke umfassende Sammlung ermöglichen sollen.
Etwas ganz Neues zeigt das Haus der Kunst von 17. Oktober an: Wassermusik von Cyprien Gaillard. Im Mittelpunkt steht Gaillards neuester stereoskopischer Film „Retinal Rivalry“, der teilweise in München gedreht wurde und eine Koproduktion ist vom Haus der Kunst und der Fondation Beyeler, wo er im Sommer 2024 erstmals gezeigt wurde (bis 22. März 2026).

