Munich Art Gallery:Farbpracht statt Trachtenschmuck

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Münchner Künstler bekommen neue Ausstellungsfläche in exponierter Lage

Von Jürgen Moises, München

Das größte Opernhaus in Deutschland, renommierte Sprechtheater und Museen. Das alles zeigt, dass man Kunst und Kultur in München schätzt. Aber schätzt man auch die Künstlerinnen und Künstler, die hier leben? Fragt man Tobias Sehr, fällt die Antwort eher ernüchternd aus. Zu wenig Ateliers, zu wenig Unterstützung und statt hiesiger würden in den Museen fast nur Künstler aus anderen Städten gezeigt. Kein Wunder also, dass immer mehr aus München wegziehen, wie es der Immobilienentwickler und gelernte Architekt seit Jahren wahrnimmt. Um zumindest für eine gewisse Zeit etwas dagegen zu tun, hat er von Oktober 2019 bis Februar 2021 die "Fraunberg Ateliers" als Zwischennutzungsprojekt in Thalkirchen betrieben. Jetzt setzt der Mittvierziger seine Mission in einem ehemaligen Laden an der Dienerstraße fort.

"Munich Art Gallery" nennt Sehrs das Projekt im Rathausgebäude, wo bis Ende Februar 2022 Ausstellungen gezeigt werden. Präsentiert werden mindestens 14 Münchner Künstler, von denen jeder dazu als Gast einen Künstler aus einer anderen Stadt einladen kann. Den Auftakt macht aktuell der Bildhauer Daniel Engelberg, der sich als Sparringspartner den Bonner Maler Tobias Stutz ausgesucht hat. Beide beschäftigen sich mit Architektur. Während Engelberg das Thema in einem abstrakten Spiel aus Form und Farbe angeht, bringt Stutz die Architektur des Bauhauses mit der romantischen Malerei eines Caspar David Friedrich zusammen. Zu sehen sind die Werke auf zwei Stockwerken, die durch eine Wendeltreppe verbunden sind. Bis Ende 2019 wurden in dem Ladengeschäft Knöpfe, Trachtenschmuck und Silberohrringe verkauft: Rieder, eines der ältesten Traditionsgeschäfte Münchens. Danach waren hier die "Münchner Buchmacher" ansässig: sieben unabhängige Verlage, denen das Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft den Ort zur Verfügung gestellt hatte. Die Idee: Jedes Jahr sollen Kreativunternehmen aus den Bereichen Bildende Kunst, Musik, Film oder Buch von neuem die Chance bekommen, den Raum mit der neogotischen Spitzbogen-Front zu nutzen.

"Sichtbarkeit, Präsenz und Professionalität" heißen die Maximen, die Tobias Sehr sich dafür auserkoren hat. Was bedeutet, dass er vorwiegend Künstler zeigen will, die zwar in anderen Städten, aber hier in München kaum bekannt sind. Das wird vom 6. Mai an Ransome Stanley sein, danach folgen unter anderem Tanja Hirschfeld, Astrid Köhler, Matthias Mross und Max Theo Kehl. Ebenfalls angedacht ist ein Austausch mit Galerien aus anderen Städten. Die anfallenden Kosten will Sehr durch den Verkauf der Werke decken, und mit Preisen zwischen 50 und 50 000 Euro soll das Ganze auch für Studenten erschwinglich sein. Das geht im Moment nur via "Click & Meet". Was, gibt Sehr zu, keinen allzu "großen Spaß" mache. Deshalb hoffe er auf die zukünftigen Eröffnungen, und dass er dort auch mal mit Publikum anstoßen kann.

Munich Art Gallery , Do. bis Mo., 12-20 Uhr, Marienplatz 8, Anmeldung und ein negativer Corona-Test nötig, www.munichartgallery.de

© SZ vom 24.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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