Zwischennutzung:"Lovecraft" statt Kaufhof am Stachus

Lesezeit: 3 min

Am 1. Mai soll die Zwischennutzung für das einstige Kaufhof-Gebäude am Stachus offiziell starten. (Foto: Alessandra Schellnegger)

In dem einstigen Kaufhaus in bester Innenstadtlage sollen temporäre Museen, Messen und Märkte einziehen. Losgehen soll es schon diese Woche.

Von Susanne Hermanski und Sebastian Krass

Verschmutzte Fenster, dahinter Leerstand: Das ehemalige Warenhaus am Stachus war ein trister Anblick, seit im vergangenen Herbst Kaufhof seine Filiale dort geschlossen hat. Doch nun ist wieder Leben eingekehrt. Sitzmöbel, Tische und ein Empfangstresen aus schick designter weißer Pappe sind aufgebaut. Drumherum wuseln Menschen, es sind noch einige Kartons auszuräumen und Sachen zusammenzuschrauben, und die Zeit drängt. Denn schon an diesem Dienstag eröffnet im Erdgeschoss des Kaufhauses eine einwöchige Schmuck-Ausstellung.

Es ist quasi das Vorspiel zu einer großen neuen Zwischennutzung, die offiziell am 1. Mai starten und die Münchner Innenstadt für mindestens zwei Jahre bereichern soll. "Lovecraft" nennt der Kulturveranstalter Michi Kern dieses Projekt, über das die AZ zuerst berichtete. Mit Michael Zechbauer, dessen Familie das Gebäude seit dem Bau vor 60 Jahren gehört, haben sich Kern und sein Team auf den Namen geeinigt: "Lovecraft", das heißt so viel wie "Das Handwerk der Liebe".

Ob das Ganze wirklich so schnell Fahrt aufnimmt, hängt nach den Worten von Kern und Zechbauer auch an der Stadt. "Wahrscheinlich ist man im Rathaus und in der Verwaltung froh, wenn in dem Gebäude etwas passiert", sagt Zechbauer. "Deshalb hoffen wir, dass die Stadt auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten dazu beiträgt, die Zwischennutzung so attraktiv wie möglich zu gestalten."

Wollen wieder getrennte Wege gehen: Michael Zechbauer und Michi Kern (rechts), die gemeinsam eine Zwischennutzung im ehemaligen Kaufhof-Gebäude am Stachus planten. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Das Projekt ist auf jeden Fall groß angelegt: "Nach und nach soll die gesamte Fläche bespielt werden", sagt Kern. Das wären gut 20 000 Quadratmeter. Es soll auf den verschiedenen Stockwerken Möglichkeiten geben, Fußball und Tischtennis zu spielen, ein Skater-Park soll entstehen und ein Stockwerk, in dem Jugendliche und Kinder sich austoben können, zählt Kern auf. "Bespielt also wortwörtlich", erklärt er seine Idee: "Denn die ganze Stadt ist ein Spielplatz im kreativen Sinn."

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Temporäre Museen, Messen und Märkte sollen Einzug halten in den Bau des Architekten Theo Papst (Kunsthalle Darmstadt, Mannheimer Kunstverein). Die Schaufenster werden Ausstellungen zeigen. Im Parterre sollen Läden und Kaffeebars Platz finden, nichts davon allzu starr verschraubt, alles nach Möglichkeit modular und an wechselnde Bedürfnisse anpassbar.

Alles soll so niedrigschwellig wie möglich zugänglich sein und damit auch einem sozialen Anspruch gerecht werden. "Ein kulturell-kommunikatives Konzept wird das gesamte Haus durchziehen, möglichst vieles in dem Konsumtempel von einst soll den Besuchern kostenlos zur Verfügung stehen", verspricht Kern.

Die Räume sind entkernt. (Foto: Alessandra Schellnegger)
Die einstige Nutzung als Kaufhaus ist aber noch gut zu erkennen. (Foto: Alessandra Schellnegger)
Sehenswert: Der Blick aus dem Gebäude auf die Innenstadt. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Kerns Spielplatz ist die Stadt schon länger, der Gastronom, Yogalehrer, Manager setzt aktuell bereits im Obersendlinger Projekt "Sugar Mountain" und im Gasteig bei Zwischennutzungen sein Know-how ein. Zudem berät er den Investor Ralf Büschl in Fragen zur zukünftigen Nutzung der ehemaligen Paketposthalle. Vom Gasteig, den Kern mit drei anderen Veranstaltern künftig unter dem Namen "Fat Cat" bespielt, sollte sich "Lovecraft" übrigens klar unterscheiden: "Es wird am Stachus keine Konzerte und keine Partys geben. Wir werden dort maximal bis 20 oder 22 Uhr geöffnet haben."

Den Gebäudekomplex am Stachus überlässt Michael Zechbauer Michi Kern zum Preis der laufenden Kosten, die das Haus verursacht. Wer heute, da die Galeria-Kaufhof-Schilder außen verschwunden sind, nicht mehr ganz so sicher ist, um welche Immobilie es sich handelt, der kann sich am Schriftzug "Zechbauer" orientieren. Der prangt darauf in großen Lettern, die Familie ist in München für ihren Zigarrenhandel bekannt.

In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich auch die Frage, wie es mit der Immobilie langfristig weitergeht. Im vergangenen Jahr hatte die Familie Zechbauer schon weit gediehene Verkaufsverhandlungen mit dem österreichischen Immobilienunternehmen Imfarr. Im Raum soll ein Kaufpreis von mehreren Hundert Millionen Euro gestanden haben, doch die Sache zerschlug sich.

Nun überlegen die Zechbauers offenbar noch einmal, ob sie das Familienerbe wirklich verkaufen oder doch selbst neu entwickeln wollen. "Wir sind mit der Immobilie derzeit nicht auf dem Markt", sagt Michael Zechbauer. Eine Herausforderung bei den Zukunftsplanungen ist der Denkmalschutz. Denn nicht nur die Fassade des Warenhauses ist geschützt, sondern auch die zur Zeit des Baus innovative Stahlskelett-Konstruktion. Das wiederum erschwert Überlegungen, das Gebäude für andere Nutzungen umzubauen oder gar neu zu bauen. Denn eines steht fest: Ein Kaufhaus mit vielen Geschossen wird es an dieser Stelle nicht mehr geben.

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