Süddeutsche Zeitung

Münchner Wohnungsmarkt:Verwöhnte Vermieter

Im Großraum München gibt es immer weniger Prozesse um Wohnungen - auch weil sich Immobilienbesitzer zunehmend ihre Mieter aussuchen.

Ekkehard Müller-Jentsch

Eigentlich kommen gute Nachrichten aus dem Amtsgericht: Die Zahl der Mietprozesse sinkt, die der Räumungsklagen ebenso - dies gab das Gericht am Freitag bekannt. Mietnomaden, die Schrecken aller Wohnungsvermieter, machen anscheinend einen großen Bogen um München. Also Entspannung bei Mietern und Vermietern?

Nein, vielmehr können Münchens Immobilieneigentümer wählerisch sein: Zunehmend kommen nur noch gläserne Bewerber mit lupenreinen Referenzen zum Zuge. Klar, dass die Hausherrn anschließend nichts zu klagen haben, weil die von ihnen ausgewählten Mieter pünktlich zahlen. Mietbetrüger haben dagegen wenig Chancen: Die findet man eher in strukturschwachen Gegenden Bayerns mit vielen leerstehenden Wohnungen.

In München ist es längst üblich, dass potentielle Mieter alles von sich preisgeben, wenn sie zum Zuge kommen wollen, und der offizielle Rat des Münchner Amtsgerichts an Vermieter greift diese Praxis auf: "Sie sollen sich eine Bestätigung vom letzten Vermieter geben lassen, aus der sich ergibt, wann und warum der Mieter ausgezogen ist und dass er keine Mietrückstände hinterlassen hat." Zudem sollen sie sich Arbeits- und Einkommensbescheinigungen der letzten Monate vorlegen lassen. "Es kann die Übergabe des Schlüssels von der Bezahlung der Kaution abhängig gemacht werden." Ein absoluter Schutz sei dies nicht, aber es erschwere Betrügern ihr Handwerk.

Bis 2004 stritten alljährlich deutlich mehr als 9000 Mieter und Vermieter vor dem Amtsgericht, derzeit sind es nur um die 8500. Bei einem Drittel davon geht es ums Eingemachte: Die Räumung steht an, meist weil die Miete nicht bezahlt wurde, aber auch wegen Eigenbedarfs.

Dauerstreitthema sind Betriebskosten und Kautionsabrechnung, Schönheitsreparaturen und Schadenersatz für angebliche Beschädigungen. "Gestritten wird hier manchmal über jedes Dübelloch, fast immer über den Zustand der Toilette - oft müssen sogar Gutachter Geruchsproben nehmen", sagt Emmerich. In vielen Fällen übersteigen deren Kosten den Streitwert. Auch Kinderlärm sei oft Anlass für Klagen, sagt der Richter und zitiert dazu aus einem Urteil des Münchner Landgerichts: "Kinderlärm ist Zukunftsmusik."

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Quelle:
SZ vom 12.03.2011/elis
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