Theater:Das ist ja alles nicht echt

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So irre die Welt hier auch ist, es keimt darin eine Liebe: Ruth Bohsung (li.) und Maral Keshavarz. (Foto: Stefan Loeber)

Julian Mahid Carly hat "Fata Morgana" geschrieben und am Münchner Volkstheater selbst inszeniert - eine lustige Vernichtung des Influencertums.

Von Egbert Tholl, München

Das hätte man auch nicht gedacht, dass dieses ulkige Lied der schonungslosen EAV einmal zu Theaterehren kommen würde, und dann auch noch in einer Produktion von jungen Leuten, die beim Erscheinen des Songs noch gar nicht geboren waren. Nun aber heißt die Aufführung so wie damals die tönende Irrsinnserscheinung, "Fata Morgana". Allein daran kann man schon ermessen, dass der Abend selbst so ist. Irrsinnig. Und rasant, von ein paar Stellen, wo er stillsteht, mal abgesehen.

Julian Mahid Carly hat selbst den Text geschrieben und inszeniert, es ist die erste Inszenierung, die auf der kleinsten Bühne im neuen Volkstheater herauskommt. Dort ist sie genau richtig aufgehoben, weil man sich "Fata Morgana" am besten als einen zwar aufwendig, aber irgendwie wie im Moment umgesetzten Geistesblitz vorstellen muss, der gar nichts Allgemeingültiges haben will. Und vier Menschen entfesselt spielen, singen, toben lässt.

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Alles kann man kaufen, alles den Leuten unterjubeln

Es geht um Influencer, die nach Dubai oder andere Orte am Golf ziehen, dort sehr viel Geld verdienen, für das sie sehr wenig Steuern zahlen, dafür müssen sie über alle dort herrschenden Missstände schweigen. Dort angekommen, treffen Stormy und Toni, zwei sich in abenteuerlichen Gedankenschleifen befindliche Influencerinnen, allerdings auf eine seltsame Einrichtung namens eben Fata Morgana, die eine Art Klon-Labor für superdurchdesignte, einflussreiche Erscheinungsformen im Internet ist. Fata Morgana halt. Nicht echt.

Alles ist flott, bunt, witzig. Luise Deborah Daberkow spielt die Stormy als überdrehtes Kondensat aller möglichen Influencer und deren Marotten, sie ist eine Theaterwucht, schonungslos und treffsicher. Ruth Bohsung, deren Toni immer wieder von intellektuellen Anwandlungen gepeinigt wird, macht es ihr gleich, Maral Keshavarz und Lorenz Hochhuth sind reichlich irre, aber auch sehr freundliche Herrscher im Menschenlabor. Alles kann man kaufen, alles den Leuten unterjubeln. Am Ende steht das unmittelbare Produkt: You. Damit kann man endlich alles bewerben.

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