Münchner Vereinsmeierei:Willkommen im Club

Cowboys, Bierdetektive und Linkshänder: In München wird das Vereinsleben groß geschrieben. Wir stellen Ihnen die verrücktesten Clubs der Stadt vor.

Anna Fischhaber

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Cowboys, Bierdetektive und Ritter: In München wird das Vereinsleben groß geschrieben. Rund 20.000 eingetragene Vereine gibt es an der Isar - und damit deutlich mehr als in anderen deutschen Städten, erfährt man beim Registergericht. Hinzu kommen Tausende von Interessensgemeinschaften. Wir stellen Ihnen eine Auswahl der verrücktesten Clubs der Stadt vor.

Für Abenteuerlustige: Der Cowboy Club

Am Lagerfeuer sitzen Cowboys und Trapper im Fransenoutfit, leise summt der Kaffee in der Emaillekanne, hie und da tönt eine Mundharmonika. Im Tipi nebenan lagern rotgesichtige Indianer. Ein Hauch von Westernromantik liegt in der Luft - und das mitten in München. An der Thalkirchner Floßlände hat der Cowboy Club eine Ranch errichtet. Es gibt ein paar Pferde, eine Bibliothek über den Wilden Westen und im Sommer ein Büffeljäger-Camp. Finanziert wird das Clubleben nun schon seit fast 100 Jahren mit öffentlichen Square-Tänzen.

Man schreibt das Jahr 1913, als die Luft für Abenteurer unter Ludwig III. dünner wird. Kurzerhand gründet eine Handvoll Münchner den ersten Cowboy Club der Stadt - zusammen will man für die Überfahrt in die USA, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, sparen. Statt in Wyoming finden sich die Mitglieder allerdings bald vor Verdun, mitten im Ersten Weltkrieg, wieder. Nach dem Krieg rückt der Auswanderungswunsch in den Hintergrund, dennoch bleibt der Cowboy Club bestehen. Bis heute wird in Thalkirchen eifrig mit Lasso und Bullpeitsche trainiert.

Mehr Informationen unter www.cowboyclub.de

Text: Anna Fischhaber Foto: oh

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Für Bierliebhaber: Der Verein gegen betrügerisches Einschenken

Mittags auf der Wiesn, die Blaskapelle spielt Volksmusik, im halbleeren Biergarten haben es sich Familien und Rentner gemütlich gemacht. Ein friedliches Bild, fast wirkt das Oktoberfest wie ein ganz normales Volksfest. Doch hinter den Kulissen der bierseligen Gemütlichkeit wird beschissen und betrogen, wo es nur geht. Das behauptet zumindest Jan Bittlinger. Der freundliche junge Herr in Jeans und Lodenjanker ist so etwas wie der Robin Hood der Wiesn-Besucher. VGBE prangt in silbernen Lettern auf seiner Brust, denn er ist der Präsident des Vereins gegen betrügerisches Einschenken.

Bierpreis, Bierqualität und Biersteuer waren schon im 19. Jahrhundert Gegenstand heftiger Diskussionen in München. 1899 gründete sich deshalb der "Verband zur Bekämpfung betrügerischen Einschenkens" zur Verbesserung der Schankmoral - natürlich mit Sitz an der Isar. Die Mitgliederzahl des Vereins stieg schnell auf 1000 an. Heute zählen zu den Mitgliedern des VGBE der Münchner OB Ude, Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein und Bierdetektive aus ganz Deutschland, den USA, Kanada, Italien und Frankreich.

Mehr Informationen unter www.vgbe.de

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Für Kämpfernaturen: Der Ritterhaufen

Lanzen brechen, Schwerter klirren, Lagerfeuer knistern bis tief in die Nacht: Wenn sich irgendwo in Bayern ein Ort zum Mittelalter verwandelt ist der Ritterhaufen Îsengewant meist nicht fern. Unter ihnen: Hobbyritter Heinz Weidner, 42. Als Heinrich der Bayer frönt der Fürstenfeldbrucker in seiner Freizeit am liebsten längst vergangener Zeiten. Einmal im Monat tauscht der Abteilungsleiter seinen Anzug gegen die 32 Kilo schwere Rüstung und zieht in die Schlacht - zum Beispiel in den Englischen Garten. So mancher japanische Tourist habe beim Anblick der trainierenden Ritter in Kampfmontur schon einen gehörigen Schrecken bekommen, erzählt Weidner.

Aber Training muss sein, denn das Lagerleben ist hart. Beim Ritterturnier auf dem Olympiagelände haben die Îsengewanter trotz Regen und Matsch im Zelt gewohnt und eine Woche lang auf einer Feuerstelle gekocht - "das muss einem schon Spaß machen", sagt Weidner. "Im normalen Leben haben wir natürlich auch alle eine Küche samt Mikrowelle. Aber es ist schön, aus dem Büro zu kommen und eine Woche lang im Lager mal kein Handy zu haben." Und würde er gerne für immer im Mittelalter leben? Heinrich der Bayer überlegt. "Vielleicht. Aber ab und zu eine Badewanne ist schon nicht schlecht."

Mehr Informationen unter www.ritterhaufen.de

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Für Tierfreunde und Kotfeinde: Hundering und Kotclub

Für ein München ohne Hundehaufen setzt sich die Bürgerinitiative Für Hunde. Gegen Kot. ein. Hundekot sei ein Hygieneproblem, das vor allem Kleinkinder in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkt; ein Stressfaktor, der ein friedliches Miteinander erschwert, erfährt man auf der Homepage des Vereins. Die Kotgegner fordern deshalb den Einsatz von Ordnungshütern, die Strafzettel ausstellen dürfen, wenn Hundehalter die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner nicht mitnehmen wollen.

Ein ganz anderes Problem haben die Studenten der Tiermedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Hundering, nennt sich ihre Vereinigung, die wenig mit neuen Therapien gegen Flöhe oder Zecken zu tun hat und viel mit Bürokratie und Tierliebe. Die Studenten dürfen ihre Zamperl nicht mehr mit aufs Uni-Gelände nehmen, weil die Münchner Hochschulen hundefrei werden sollen - sogar an der tiermedizinischen Fakultät, wo sich normalerweise die Viecher für wissenschaftliche Zwecke stapeln. Nachdem die Idee mit den Hundeboxen am Runden Tisch scheiterte, werden nun Hundepaten gesucht. Sie sollen in ihren Freistunden die ganze Meute hüten, damit die Kommilitonen hundefrei in die Vorlesung gehen können.

Mehr Informationen unter hundehaufen-muenchen.de und unter www.derkabu.de

Foto: Hess

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Für Ungeduldige: Der Slotcarclub

Angefangen hat alles mit der Carrera-Bahn im Kinderzimmer. Inzwischen ist Günter Rössler selbst Vater - und noch immer "Slotter". Jede Woche trifft er sich mit anderen Carrerafreaks, um dem Rennsport zu frönen. Zunächst veranstaltete man die Rennen im eigenen Keller, dann im Speicher und schließlich in der Garage - bis es auch dort zu eng wurde. Inzwischen hat Rössler einen Slotcarclub gegründet. Im Nordwesten Münchens haben die elf Mitglieder eine eigene Halle angemietet, um ausreichend Platz für die 45 Meter lange Holzbahn mit sechs Spuren und vier Ampere zu haben.

Am Samstag fand dort die Bayerische Meisterschaft statt, Rössler ist 14. geworden. Sechseinhalb Sekunden brauchte sein Jaguar XJR8 für die Strecke. Fast 1000 Euro ist der kleine Flitzer wert. "Alles Handarbeit", erzählt Rössler stolz. Mit viel Liebe zum Detail hat er über Monate den Wagen aus einem Baukasten zusammengeschraubt, jede Alu-Schraube selbst eingesetzt, die richtige Gummimischung der Reifen geprüft und schließlich das Miniaturauto lackiert, das dem 24 Mal größeren Original zum Verwechseln ähnlich sieht. "Wenn so ein Teil beim Rennen kaputt geht, fließen schon mal Tränen", sagt Rössler. Schließlich seien das nicht nur ein paar Plastikteile, die im Kreis herum fahren.

Mehr Informationen unter www.slotcars-muenchen.de

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Für Schöngeister: Der Verein der schönen Münchnerin

München ist nicht nur bekannt für sein Bier und den Föhn, sondern auch für seine schönen Bewohnerinnen. Erika Konenjak, Vereinsvorsitzende von Die Schöne Münchnerin, ist allerdings der Meinung der heutige "Schlamperlook" mache manches kaputt. Ihr Verein kümmert sich deshalb um die Mode der Biedermeierzeit, als die Münchner Damen noch mit ihrer einzigartigen Kopfbedeckung und einem straffen Mieder von sich reden machten. Die Gründung des Vereins geht zurück auf einen Nähkurs. Als die Volkshochschule 1985 einen Kurs zur Herstellung der Münchner Riegelhaube anbat, meldeten sich Hunderte Interessenten - der Ringelhauben-Stammtisch war geboren.

Bald machte man sich auch ans Münchner Gwand, bestehend aus Bluse, Rock, Schürze und Schultertuch für die Dame und Zylinder und Gehrock für den Herren. Aus dem Stammtisch wurde ein Verein, dem heute 80 schöne Münchnerinnen und auch ein paar schöne Münchner angehören. Gemeinsam führt man bei Veranstaltungen das einstige Gwand des städtischen Bürgertums aus - wie hier am Stadtgründungsfest. Privat setzt allerdings auch Korenjak auf den Schlamperlook, den bis die Haube und das Geschnür richtig sitzen, kann es Stunden dauern.

Mehr Informationen unter www.verein-dieschoenemuenchnerin.de

Foto: Hess

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Für Plaudertaschen: Der Debattierclub

"Die CSU ist schuld am Debakel der Landesbank, das kann ich begründen", sagt der junge Herr im Anzug und haut mit der Faust aufs Rednerpult. "Einspruch", ruft jemand aus dem Publikum - und schon hat eine hitzige Debatte begonnen. Die jungen Vereinsmeier des Münchner Debattierclubs schmücken sich am liebsten mit schönen Argumentationsketten. Ihr Antrieb: Kommunikative Kompetenz gilt heute als eine Schlüsselqualifikation, die Fähigkeit, vor Publikum zu sprechen und Zuhörer zu fesseln, ist in Wirtschaft und Politik von ständig steigender Bedeutung.

Deshalb trainieren im Debattierclub der Ludwig-Maximilian-Universität München engagierte Studenten aller Fachrichtungen - von Jura über Geistes- und Sozialwissenschaften bis zu Wirtschaft, Medizin, Natur- und Ingenieurwissenschaften - eifrig die Kunst Ciceros. Vorbild für den Rhetorikclub sind traditionelle Vereine an englischen und amerikanischen Universitäten. Mit dem Vorwurf, Rhetorik sei demagogisches Mittel und beliebig einsetzbar, kann man beim Münchner Debattierclub wenig anfangen, viele Mitglieder sehen das Debattieren eher als eine Art Sport.

Mehr Informationen unter www.debattierclubmuenchen.de

Foto: Heddergott

Vereine in München

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Für Rechthaber: Der Linkshänder Verein

Wissen Sie was Charlie Chaplin, Scarlett Johannson, Andreas Baader, Marie Curie und Kermit der Frosch gemeinsam haben? Sie alle sind Linkshänder! Auch in München und Umland leben rund 400.000 Linkshänder - oder umgeschulte Linkshänder. Und einige von ihnen kämpfen unter dem Motto "Auch Linkshänder haben Rechte!" für die gesellschaftliche Integrierung der Linkshändigkeit. Der Münchner Linkshänder-Vereins kümmert sich um Öffentlichkeitsarbeit, die Beratung von Eltern mit linkshändigen Kindern, macht Umfragen zu Linkshändigkeit und Linkshand-Aktionen.

Natürlich habe sich in den letzten 20 Jahren viel verändert, erfährt man auf der Homepage des Münchner Linkshänder-Vereins. Und natürlich seien inzwischen auch Rechtshänder als Mitglieder willkommen. Dennoch stoße man immer wieder auf eine "etwas ungläubige Rechtshänder-Welt, die uns Linkshänder und unsere Anliegen gar nicht verstehen". Deshalb wird auf der Auer Dult alljährlich Informationspolitik betrieben. Nebenbei gibt es beim "Wohlfühlstandl für Linkshänder" Artikel, die das Herz jedes Linkshänders höher schlagen lassen.

Mehr Informationen unter www.linkshaender-ev.de

Foto: dpa

(sueddeutsche.de/pfau/jja)

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