Kommentar:Falsch kalkuliert

Die Sanierung des Münchner Stadtmuseums erneut zu verschieben, spart auf den ersten Blick eine erhebliche Summe. Aber ganz so einfach ist die Rechnung nicht.

Von Susanne Hermanski

Klar, alle müssen sparen infolge der Corona-Krise, auch die Kultur. Die Sanierung des Münchner Stadtmuseums kurzerhand um mindestens sechs Jahre zu verschieben, erscheint trotzdem absurd. Nach 21 Jahren des fruchtlosen Aufschiebens war in diesen Tagen endlich das Interimsgebäude für die Verwaltung angemietet, im Herbst das Konzept "Stadtmuseum unterwegs" für die Schließung vorgestellt worden. Jetzt heißt es: Lassen wir liegen, machen wir später weiter - und schon haben wir 140 Millionen Euro gespart. Das sagt die grün-rote Stadtregierung und macht offenbar einen Haken dahinter.

Aber was stimmt an dieser Rechnung? Wie viele Abertausende Euro sie damit an vorbereitenden Arbeiten mit versenkt, darüber schweigt die Rathauskoalition. Wie sie ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Erhalt des Denkmals "Stadtmuseum" trotzdem nachkommen will, ebenfalls. Und wie ihrer ideellen Verpflichtung gegenüber den vielen Bürgern, die dem Haus in den vergangenen Jahrzehnten ihre Sammlungen im treuen Glauben vermacht haben, sowieso. Längst schon hat sich ein Teufelskreis um das Haus gesponnen: Die Mitarbeiter vertun ihre Zeit seit zwei Dekaden mit Umbauplänen, die am Ende doch wieder nur verschoben und zusammengestrichen werden. Für kreative Ausstellungen bleibt da wenig Zeit. Die Eintrittseinnahmen sacken ab. Und schon die zweite Direktorin, die man angeblich extra nach ihrer Kompetenz in Sachen Sanierungen aussuchte, wird unverrichteter Dinge in Ruhestand gehen.

Bereits im alten Jahrtausend, im Jahr 1999, wurde die Baufälligkeit des Museums verbrieft. Mehr als zwei Jahrzehnte danach steht es immer noch in elendem Zustand da. Pläne teuer bezahlter Architekturbüros wie Auer/Weber wittern vor sich hin. Von der veranschlagten Sanierungssumme fallen allein 70 Prozent auf den Erhalt der Bausubstanz. Warum man nun vonseiten des Stadtrats von einer Ad-hoc-Ersparnis von 140 Millionen Euro ausgeht, erscheint zudem als Mirakel. Hieß es im Stadtrat zuletzt nicht, die Sanierung koste keine 140 Millionen, sondern 200 Millionen Euro? Hat man das vergessen? Oder sollen sich mit dieser Frage auch einfach gleich die Kollegen der nächsten Legislaturperiode herumärgern, wie mit dem maroden Kasten selbst?

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