Münchner Stadtbild:Klenze überall

Alte Pinakothek, Glyptothek, Ruhmeshalle und vieles mehr: Leo von Klenze ist zwar schon 150 Jahre tot, aber seine Bauten prägen immer noch das Stadtbild. Heute haben die Münchner sie fest in ihren vergnüglichen Alltag integriert.

Ein Rundgang von Evelyn Vogel und Christoph Wiedemann

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(Foto: Grafik)

Alte Pinakothek, Glyptothek, Ruhmeshalle und vieles mehr: Leo von Klenze ist zwar schon 150 Jahre tot, aber seine Bauten prägen immer noch das Stadtbild. Heute haben die Münchner sie fest in ihren vergnüglichen Alltag integriert. Ein Rundgang. Dass München heute so aussieht, wie es aussieht, verdankt es in weiten Teilen dem Architekten Leo von Klenze und Ludwig I., dessen großen Förderer. Dieser wollte aus München eine Stadt machen, "die Teutschland so zur Ehre gereicht, dass keiner Teutschland kennt, wenn er nicht München gesehen hat". Der in Berlin an der Bauakademie ausgebildete Klenze mit seinen klassizistischen Monumentalbauten schien der richtige Mann für Ludwigs großen Plan. Er hat das damals gängige Kunstideal der griechischen Antike auf München angepasst und "werbewirksam" umgesetzt. Was er vorfand, waren ehrgeizige, vom Königshaus vorgegebene und ursprünglich von Carl von Fischer erarbeitete Stadterweiterungspläne. Statt wie fast sonst überall in Europa die alten Befestigungsringe zu schleifen und neu zu bebauen, ließen die Wittelsbacher gleich eine neue Stadt außerhalb der Stadt bauen. Große Achsen wie die Briennerstraße nach Westen oder die Ludwigstraße nach Norden bildeten das Plankreuz, das nunmehr gefüllt wurde. Zuständig für die staatstragenden Prachtbauten von Pinakothek über Königsplatz, südliche Ludwigstraße, Residenzanbauten und Ministerien bis hin zu - heute würde man sagen - Leuchtturmprojekten wie der Walhalla oder der Kelheimer Befreiungshalle, war Hofbauintendant, Oberbaurat und Vorsitzender des Baukunstausschusses Leo von Klenze. Eine Ämterfülle, die höchste Effizienz in der Umsetzung der eigenen Planungen garantierte. Zeitgenossen nennen auch den Grund. Klenze galt als gnadenloser Karrierist und Intrigant. Was die dunkle Kehrseite der nach fast zwei Jahrhunderten immer noch so beeindruckenden und trotz Kriegszerstörungen so glänzenden klassizistischen Neuerfindung der Wittelsbachischen Residenzstadt im 19. Jahrhundert zeigt. Und doch: Die staatstragenden Bauten von einst prägen noch immer das Gesicht der Stadt, auch wenn sie sich die Münchner mittlerweile einigermaßen wohnlich hergerichtet haben.

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Glyptothek

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(Foto: dpa)

Lustvoll hingegossen liegt der Barberinische Faun, das Prachtstück der Glyptothek am Königsplatz, auf seinem Podest. Doch die Sammlung antiker Skulpturen ist nicht nur seinetwegen bei den Münchnern so beliebt. Bei jedem Sonnenstrahl rekeln sich die Menschen mindestens genauso lustvoll auf den Stufen der Glyptothek in der Wärme. Und an lauen Sommerabenden hält Desdemona seit Jahrzehnten ihre "ungehaltenen Reden" im Innenhof.

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Propyläen

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(Foto: Robert Haas)

Unerschütterlich dominieren die Propyläen den Königsplatz. Das tempelartige Stadttor muss in der Neuzeit aber auch einiges aushalten: Konzerte von Klassik über Pop und Rock bis House und Techno (was wummerten die Bässe von Paul Kalkbrenner!) locken jeden Sommer Tausende Besucher hierher. Und für manchen Münchner ist die 300 Quadratmeter große Leinwand, die im Juli einen Gutteil der Propyläen verdeckt, das Highlight des Kinojahres.

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Alte Pinakothek

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(Foto: Sueddeutsche Zeitung Photo)

Als Zar Nikolaus I. zu Besuch war in München, war er von der Alten Pinakothek so beeindruckt, dass er Klenze nach St. Petersburg holte, damit er ihm dort die Neue Eremitage baute. Kanonenbote und revolutionäre Massen hat das Münchner Vorbild keine gesehen, dafür muss es sich heute von Zamperln markieren, studentischen Fußballern umspielen und ungeordnet abgelegter moderner Plastik belästigen lassen.

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Marstall

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Experimentalbühne (wo Intendant Martin Kušej schon mal zum Guerilla Cooking einlädt), Requisitenlager und Werkstatt für's Staatstheater - die ehemalige bayerische Hofreitschule hat Karriere in der Kultur gemacht. Da herrscht Leben, nur nicht auf dem riesigen leeren Platz davor, wenn man einmal von den Besucherströmen absieht, die im Sommer das mondäne Grill-Beisl in einer der Ecken heimsuchen.

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Allerheiligenhofkirche

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(Foto: lok)

Klenzes einziger Kirchenbau ist heute ein profanisierter Festsaal, in dem vom Kammerkonzert bis hin zur unlängst so verunglückten Preisverleihung des großen deutschen Automobilisten-Clubs so manches stattfindet. Aber die nach Kriegszerstörung lange brach liegende Kirche war nur eine von zahlreichen Klenze'schen Ertüchtigungsprojekten für die königliche Residenz. Der Festsaalbau zum Hofgarten mit dem in den Fünfzigern eingebauten Herkules-Saal sowie der Königsbau am Max-Joseph-Platz mit der Akademie der Schönen Künste bilden so etwas wie den Nukleus der heutigen Kunststadt München.

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Odeon

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(Foto: Robert Haas)

Hier lief die Geschichte umgekehrt. Als Konzertsaal erbaut, ist das Odeon heute ein nicht öffentlicher Ort. Der bayerische Innenminister hat hier seinen Dienstsitz. Dass er auch oberster Chef der Polizei ist, kann man an den Tag und Nacht davor geparkten Einsatzfahrzeugen erkennen.

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Leuchtenbergpalais

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(Foto: Stephan Rumpf)

Für den Stiefsohn Napoleons, den als Schwager von Ludwig I. zum Herzog von Leuchtenberg erhobenen Eugene de Beauharnais, war das größte Stadtpalais Münchens seinerzeit gerade groß genug. Die Innenausstattung setzte Maßstäbe, unter anderem mit der Installation einer aus Paris importierten Erfindung, dem geruchlosen beweglichen Abtritt. Im Palais Leuchtenberg, heute Sitz des bayerischen Finanzministeriums, kam er erstmals zum Einsatz.

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Haslauerblock

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Drei Wohnhäuser integrierte Klenze damals hinter einer einheitlichen florentinischen Prachtfassade, um das durchgängige Erscheinungsbild der Ludwigstraße nicht zu stören. In dem Palastgebäude an der Ecke zur Von-der-Tann-Straße befinden sich heute viele schicke Büros und Geschäfte, aber auch die Hochschule für Politik München, wo unter anderen Edmund Stoiber und Gerhard Polt studierten.

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Bazargebäude

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(Foto: Stephan Rumpf)

Wer hierher kommt, will sehen und gesehen werden. Obwohl vielen der Name Bazargebäude gar nicht geläufig ist. Aber kaum sagt man "Tambosi" oder "Schumann's", früher auch "Filmcasino", schon wissen alle, welches Ensemble beim Hofgarten gemeint ist. An kaum einem anderen Ort in München vertragen sich echte Promis, notorischen Adabeis, ganz normale Münchner und aufgeregte Touris so gut wie hier. An die ursprüngliche Nutzung erinnern immerhin noch Kunsthändler, Edelfriseur und Nobelboutiquen.

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Ehemaliges Kriegsministerium

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(Foto: Catherina Hess)

Wo früher Kriege geplant wurden, wird heute bewahrt und geforscht. Das Gebäude an der Ludwigstraße beherbergt das Bayerische Hauptstaatsarchiv, das Staatsarchiv München und das Institut für Bayerische Geschichte.

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Monopteros

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(Foto: Stephan Rumpf)

Als Klenze den Rundtempel im griechischen Stil errichtete, setzte er ihn auf ein 15Meter hohes Fundament, das er mit einem künstlichen Hügel kaschierte. Keiner konnte damals erahnen, welche Szenen sich später rund um das Tempelchen und auf der Schönfeldwiese davor abspielen würden. Die Hippies pflegten Love, Peace and Happiness. Heute tummeln sich rund um den Monopteros im Winter die Rodler und im Sommer...

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Monopteros

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(Foto: DPA-ZB SPECIAL)

... die Nackerten - und tragen irgendwie auch zu Münchens Ruhm bei.

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Ruhmeshalle

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(Foto: Rumpf)

Dem Ruhme Bayerns gewidmet ist die dreiflügelige dorische Säulenhalle an der Theresienwiese, in der Ludwig I. kluge Köpfe verewigen ließ, die sich um Land, Wissenschaft und Kunst verdient gemacht hatten. Im Lauf der Zeit fanden auch aktuelle Geistesgrößen Aufnahme in die Ruhmeshalle. Die größte Menge an Geist - jedenfalls alkoholischen - trifft man jedoch zu Zeiten des Oktoberfests an. Wenn die Bierleichen hier und an der Bavaria herumflacken.

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Leo von Klenze

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(Foto: Stephan Rumpf)

29. Februar 1784: Geboren in Buchladen bei Schladen im Fürstbistum Hildesheim 1800-03: Studium an der Bauakademie in Berlin 1809-13: Berufung nach Kassel: Mitarbeit beim Umbau des Fridericianums, Bau der Bellevue-Marställe und des Hoftheaters bei Schloss Wilhelmshöhe, Planungen für den Ausbau der Residenzstadt Kassel. 1813/14: Erster Aufenthalt in München 1815: Berufung zum Privatarchitekten Kronprinz Ludwigs, Übersiedlung nach München 1816: Ernennung zum Hofbaumeister 1816-1818: Bau des Hofgartentores 1816-1829: Anlage vor dem Schwabinger Tor mit Odeonsplatz, Ludwigstraße, Briennerstraße und Wittelsbacherplatz 1816-30: Glyptothek, Leuchtenbergpalais, Marstall, Kriegsministerium, Ludwigsbrücke, Bazargebäude, Odeon u.a. entstehen 1826-37: Königsbau der Residenz, Pinakothek, Allerheiligenhofkirche 1830-42: Bau der Walhalla bei Donaustauf 1832-42: Monopteros im Englischen Garten, Festsaalbau der Residenz 1842-52: Neue Eremitage in St. Petersburg 1843-53: Bayerische Ruhmeshalle an der Theresienwiese 1850-63: Bau der Befreiungshalle Kelheim 1854-62: Bau der Propyläen 1859: Entpflichtung als Hofbauintendant 1862: Klenze wird Ehrenbürger Münchens 27. Januar 1864: Klenze stirbt in München ___________________________________________________________ Auswahl nach Friedegund Freitag: "Leo von Klenze. Der königliche Architekt." Verlag Friedrich Pustet, Regensburg

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