Parteitag der Münchner SPD:Keine Lust auf Flohzirkus

Parteitag der Münchner SPD: Dieter Reiter hat keine Lust, bei wechselnden Mehrheiten mit einem "Flohzirkus" zu regieren.

Dieter Reiter hat keine Lust, bei wechselnden Mehrheiten mit einem "Flohzirkus" zu regieren.

(Foto: Stephan Rumpf)

Lebhafte Diskussionen, bittere Worte und schließlich eine Ermahnung: Die Münchner SPD hat bei ihrem Parteitag lange um eine Linie gerungen. Oberbürgermeister Reiter hat seine Mühe, die Genossen auf Rot-Schwarz zu trimmen - doch die Alternativen fehlen.

Von Dominik Hutter

Kurz bevor die Stimmung endgültig zu kippen drohte, schritt einer ans Mikrofon, dem seine Gesundheit nur noch selten öffentliche Auftritte erlaubt: Georg Kronawitter, 86-jähriger Alt-Oberbürgermeister und einst Begründer des rot-grünen Bündnisses. "Wünsche kann man äußern, aber wenn man Wünsche durchsetzen will, braucht man eine Mehrheit dazu", mahnte er.

Als die SPD in den Achtzigerjahren ihre Mehrheit verlor, habe sie anschließend "fast nichts mehr erreichen" können. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass die rot-grüne Mehrheit Vergangenheit sei. "Aber wir dürfen jetzt nicht nachtrauern, sondern müssen Entscheidungen treffen." Kronawitter appellierte leidenschaftlich an die etwa 400 Genossen im Saal, den neuen Oberbürgermeister zu unterstützen. Und Rot-Schwarz anzuerkennen.

Dieter Reiter konnte die Unterstützung brauchen. Zwar hatte er beim Parteitag im Augustinerkeller eine seiner bisher besten Reden gehalten, hatte ebenso minutiös wie unterhaltsam geschildert, wie die diversen Bündnisgespräche in den vergangenen Wochen abgelaufen waren. Und natürlich auch, woran sie gescheitert waren. Dennoch hatten unter den nachfolgenden Rednern zunächst ganz klar die Gegner einer rot-schwarzen Zusammenarbeit Oberwasser. Nach Kronawitters Rede wirkte die Stimmung wieder ausgeglichener. Die Abstimmung ging schließlich knapp aus: 71 Delegierte stimmten für das rot-schwarze Bündnis, 51 waren dagegen.

Das Bündnis ist die "Ultima Ratio"

Zuvor hatte Reiter hoch und heilig versichert, keine "Scheinverhandlungen" geführt zu haben. Ein Bündnis mit der CSU sei wahrlich kein Traum, sondern nur eine "Ultima Ratio". Gescheitert seien die schwarz-rot-grünen Gespräche ganz klar "an dem Thema Posten für die Grünen". Inhaltlich sei das Verhandlungsergebnis ein Erfolg - viel CSU sei darin nicht enthalten. Allenfalls der Verzicht auf Steuererhöhungen und die Verbesserung des Individualverkehrs trügen konservative Handschrift. "Damit kann ich leben", rief Reiter.

Der OB versuchte seine Partei davon zu überzeugen, dass es auch ohne die Grünen geht. "Es wird uns gelingen, in welcher Konstellation auch immer, soziale und ökologische Politik zu machen", sagte er. "Das waren doch nicht nur die Grünen." Eine Minderheitsregierung, das machte Reiter deutlich, ist für ihn keine echte Option. Mit einem "Flohzirkus" könne man in einer Millionenstadt nicht Politik machen. Bei jedem Thema separat nach einer Mehrheit zu suchen, wäre Politik nach dem Zufallsprinzip, sagte der Oberbürgermeister.

Als die ersten Genossen nach ihm ans Mikrofon schritten, war es aber schnell vorbei mit den warmen Worten. Große Teile der SPD, das wurde schon nach den ersten Rednern klar, wollen nicht mit der CSU zusammenregieren. Der frühere Bürgermeister Klaus Hahnzog warnte ganz prinzipiell vor der CSU und erklärte Reiter: "Ich kann nicht mittragen, was du uns vorschlägst." Der einstige Sozialreferent Frieder Graffe äußerte erhebliche Zweifel, dass mit der CSU eine soziale und ökologische Politik möglich sei. Bei Themen wie moderner Verkehrspolitik und Mieterschutz seien die Konservativen nicht glaubwürdig. "Wir wollen keinen Oberbürgermeister, der sich von den Grünen erfolgreich bei einer Stichwahl unterstützen lässt, aber sich bei der Verteidigung von Positionen mit der CSU verständigt", sagte Graffe.

Der frühere Bundestagskandidat Roland Fischer hingegen vermisste bei den Reiter-Kritikern eine realistische Alternative. Die SPD habe nun einmal krachend die Kommunalwahl verloren. Man dürfe den frisch gewählten Oberbürgermeister nicht sofort demontieren. "Wir haben nur einen."

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