Münchner Sicherheitskonferenz:Mit Blaulicht ins Hotel

Münchner Sicherheitskonferenz - Ankunft James Mattis

Der US-Verteidigungsminister James Mattis steigt am Flughafen in München in eine von rund einem Dutzend Limousinen. Kein Großer Aufwand für ihn, aber ein riesiger für die Polizei.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • Zur Sicherheitskonferenz sind Dutzende ausländische Politiker in der Stadt. Sie alle vom Flughafen in die Stadt zu bringen, ist eine organisatorische Herausforderung für die Münchner Polizei.
  • Freie Fahrt bleibt Staatsoberhäuptern vorbehalten, viele andere kommen nur per sogenannter "Lotsung mit Durchschleusung" in die Stadt.
  • Die Planung der Konvois dauert Tage und berücksichtigt Hindernisse, potenzielle Staus, Baustellen und Vorlieben der Schutzpersonen - und doch kann die Polizei nie alles vorhersehen.

Von Martin Bernstein

Schutzperson Mattis ist fast pünktlich. Um 19.05 Uhr öffnet sich am Münchner Flughafen die Tür der "Doomsday Plane" genannten Boeing 747-200 E4, mit der der US-amerikanische Verteidigungsminister von Brüssel kommend zur Sicherheitskonferenz geflogen ist. Unbeleuchtet ist die riesige Gefechtsstation zu ihrer Parkposition im abgesperrten Teil des Münchner Flughafens gerollt. Polizeioberkommissar Christian Hoffmann startet schon mal den Motor des VW-Busses. Und dann kommt über Funk die Meldung: Unfall auf der Autobahn. Ausgerechnet jetzt. Erster Polizeihauptkommissar Harald Freundorfer verzieht das Gesicht.

Seit bald 40 Jahren ist Freundorfer bei der Polizei, inzwischen bei der Verkehrsüberwachung, zum ersten Mal wird er in diesem Jahr einen hochrangigen Besucher der Sicherheitskonferenz vom Flughafen zum Hotel in der Innenstadt lotsen. Und jetzt das. Kurz zuvor hat Freundorfer noch gesagt: Ja, es gebe natürlich Planungen - "aber in der Situation ist der Mensch gefordert".

Kurzer Blick zu Polizeioberkommissar Michael Berger, der im Fahrzeug am Computer sitzt und dort sowohl das polizeiliche Drehbuch für alle Sicherheitskonferenz-Einsätze als auch die Verkehrsüberwachungskameras auf der Route im Auge hat, ein gegenseitiges Zunicken, dann die Entscheidung: "Führungsfahrzeug an Spitzenfahrzeug: Wir fahren mit Blaulicht voraus und klären auf."

James Mattis und seine Entourage haben sich auf ein Dutzend gepanzerter Limousinen und Vans verteilt, die seit dem späten Nachmittag in einem streng bewachten Teil des Münchner Flughafens gewartet haben. Ein Zelt gibt es da, in dem Zugangspässe ausgegeben und kontrolliert werden. In dem Münchner Verkehrspolizisten und amerikanische Secret-Service-Männer an kleinen Tischchen sitzen, Cola trinken und mit Witzeleien die Anspannung bis zum Einsatz überspielen. Als die Sonne glutrot hinterm Rollfeld untergeht, werfen die Männer vom Technischen Hilfswerk ihre Scheinwerfer an und tauchen die Szenerie in ein gespenstisches Licht.

Der Begleitschutzkommandoführer hat die Fahrer seines Konvois noch einmal instruiert. Oberstes Gebot: "Immer mir nach." Hinter seinem Polizeiauto reihen sich weitere knapp 20 Fahrzeuge ein. Drei Polizeimotorräder - offiziell heißen sie "Vorauskräder", im Polizeijargon sind es die "Ausputzer" -, die unterwegs Kreuzungen freihalten müssen, die Fahrzeuge der Personenschützer und der Amerikaner, am Ende ein Lastwagen, in den das Gepäck der Gäste verladen werden soll.

"Lotsung mit Durchschleusung" nennt die Polizei das Verfahren, das Mattis sicher ins Hotel bringen soll. Anders als bei der "Freien Fahrt", die Staatsoberhäuptern vorbehalten ist, gibt es keine Motorradeskorte und keine komplett gesperrten Straßen. Kurzzeitig freigehalten werden bei Bedarf immer nur kleinere Streckenabschnitte. Das ist die Aufgabe des Verkehrskommandoführers, der seine etwa 60 Einsatzkräfte an neuralgischen Punkten entlang der Fahrstrecke platziert hat.

Auf seinen Befehl hin machen sie einzelne Zufahrten, aber auch schon mal den Mittleren Ring an einer bestimmten Stelle dicht, damit wenig später der Konvoi ungehindert passieren kann. Gleich danach wird die Straße wieder freigegeben. "Sie müssen sich das vorstellen wie eine Welle", sagt Harald Freundorfer. Sein Job ist es, das alles zu koordinieren. Und das beginnt schon Tage vor dem Einsatz. Was soll die Standardfahrstrecke sein? Gibt es unterwegs Hindernisse oder Baustellen? Welche Wünsche haben die Begleiter der Schutzperson? Gibt es vor dem Hotel genügend Platz für den Konvoi? Und natürlich: Welche Gefährdungen sind unterwegs denkbar?

Eine Stunde dauert die Lotsung ins Hotel

Freundorfers Fahrzeug ist die rollende Einsatzleitung für den Konvoi. Wohin der VW-Bus an diesem Abend und bei den vier weiteren geplanten Fahrten des US-Verteidigungsministers rollt, darf in diesem Text nicht genannt werden, Sicherheitsgründe. An der Unfallstelle auf der Autobahn jedenfalls, das stellt Freundorfer nach zügiger Blaulichtfahrt fest, kommt man rechts vorbei. Dann noch ein Stau, ein Pannenfahrzeug - Ausputzer und Verkehrskommando sind rechtzeitig da.

Nach einer Stunde ist James Mattis in seinem Hotel. "Erleichterung", sagt Freundorfer, als er aus seinem Führungsfahrzeug steigt. Polizisten halten Fußgänger an. Der Konvoi fährt vor. Umringt von Personenschützern verschwindet Mattis im Foyer. Eine Sache von Sekunden - für Harald Freundorfer aber die Bestätigung: Alles hat geklappt. Nachher wird es noch ein Gespräch mit den Verantwortlichen geben. Wenn James Mattis an diesem Abend nichts mehr vorhat, ist für Freundorfer und sein Team Feierabend.

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