Münchner S-Bahn:Es hapert gewaltig - nicht nur am Takt

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Während die Bahn noch immer die Planung für die zweite Stammstrecke nachbessert, rügen Passagiere nervende Mängel

Es wäre schon viel gewonnen, wenn die Münchner S-Bahn den bisher versprochenen, aber oft gebrochenen Takt auch einhielte, kritisieren Nutzer. (Foto: Robert Haas)

"Die ungeliebte Viertelstunde" vom 3. September und Kommentar "Flickschusterei statt einer Vision" vom 3. September:

Flickschusterei

Das Aufstöhnen zum S-Bahn-Ausbau kommt sehr spät. Seit zwei Jahrzehnten werkeln die Bahn und der Freistaat an einem vermeintlich alle Probleme lösenden Tunnel für eine zweite Stammstrecke. Da aber eben diese Bahn und das Verkehrsministerium noch länger versäumt haben, kompetente Fachleute für die Schienenverkehrsanlagen auszubilden, läuft gerade der dritte Versuch, ein ausführungsreifes Tunnelprojekt zu planen, obwohl die nicht praxistaugliche erste und zweite Version des Tunnelprojekts vom Aufsichtsgremium Bayerische Eisenbahngesellschaft bereits genehmigt worden war.

Wir erwarten die neuen Erkenntnisse und Planungsansätze. Allerdings sollte diesmal eine Flickschusterei vermieden werden, denn wir haben nicht nur ein funktionierendes Schienennetz am Bahnknoten München, die Ausbaugrundsätze der S-Bahn-Führung aus dem zweiten Jahrtausend mit einem Zehn-Minuten-Takt, sondern wir haben auch eine der kraftvollen Entwicklung der Stadt und der Region München und ihrer leistungsfähigen Wirtschaft angemessene Vision für das Schnellbahnnetz 2050 am Bahnknoten München, das allerdings ein Umdenken der Verantwortlichen bei der Bahn, dem Freistaat und der Landeshauptstadt München vorschlägt: Weg vom SUV, hin zu einem S-Bahn-Netz mit zwei Gleisen, einer Nordtangente und einem Südring, und mit modernen Fahrzeugen der Regionalbahn, auch im Tunnel, und einer der Nutzungsdauer von 100 Jahren angepassten Qualität. Dr. Wolfgang Beyer, München

Planungs-Dilettantismus

S-Bahn-Zehn-Minuten- oder -15-Minuten-Takt? Die Stadtratsfraktionen kommen recht spät mit ihren unterschiedlichen Vorstellungen zum zukünftigen S-Bahn-Fahrplan. Die Forderung nach Beibehaltung des - ohnehin nur im stadtnahen Bereich eingeführten - Zehn-Minuten-Taktes ist halt der Anspruch der Innerstädter; die Situation auf den Außenstrecken interessiert dabei nicht. Dabei stellt der 15-Minuten-Takt nur zehn Haltepunkte an drei privilegierten Linien schlechter. Alle Fraktionen bemühen das dürftige Argument mit der besseren Merkbarkeit des Zehn-Minuten-Taktes; anderswo kommen die Leute auch mit anderen Taktfolgen klar. Und wenn 15 Minuten Zugabstand nicht ausreichen: Auch ein 7,5-Minuten-Takt, wie er zum Beispiel in der Schweiz praktiziert wird, wäre bei entsprechender Streckenkapazität möglich. Derzeit fahren die Züge auf den Außenstrecken im 20- und 40-Minuten-Takt, was den gemeinsamen Betrieb mit den nach einem 30/60-Minuten-Raster verkehrenden Regionalzügen erschwert und vor allem an den S-Bahn-Endpunkten zu Übergangsbrüchen führt.

Die aktuelle Diskussion offenbart, dass man sich im Stadtrat auch noch nicht darüber einig ist, was auf dem zukünftigen S-Bahn-Netz überhaupt einmal fahren soll. Da darf man fast froh sein, dass die Staatsregierung (wenngleich sie beim Thema S-Bahn nicht grade eine förderliche Rolle spielt) wenigstens zum Fahrplan eine Idee hat, die aber auch nicht ganz ausgegoren wirkt. Wahr ist, dass sich auf der eingleisigen S-Bahnlinie 7 der 15-Minuten-Takt kaum realisieren lässt. Allerdings hätte man zum Beispiel den Ost-Ast zumindest bis Höhenkirchen schon längst ausbauen müssen. Wieso auf den zweigleisigen Strecken nach Petershausen und Holzkirchen der 15-Minuten-Takt nicht möglich sein soll, erschließt sich nicht.

Dass jetzt immer noch über Fahrplan, Betriebsart und Fahrzeuge diskutiert wird, ist auf den zu unseligen Einfluss der Politik bei diesem von Anfang an verstolperten Projekt zurückzuführen. Das gleiche gilt für die Verzögerung beim dringend nötigen Ausbau der Außenstrecken.

Auch die professionellen Planer tragen mit ihren jüngsten Planänderungen nicht zur Vertrauensbildung bei: Jetzt fällt ihnen ein, dass der neue Ostbahnhof mehr als 200 Meter nach Osten zu verschoben werden muss, offenbar weil er dort in nur 16 Meter anstatt 40 Meter Tiefe angelegt werden kann.

Ebenso erstaunen die späten Erkenntnisse mit dem Rettungsstollen und der Verschiebung der Bahnsteige am Hauptbahnhof. Offenbar kamen die neuen Ideen nicht von den Planern selbst, sondern von den beauftragten Baufirmen. Der Bürger hätte eigentlich eine von Anfang an stringente Planung verdient gehabt. Günther Polz, Feldkirchen-Westerham

© SZ vom 02.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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