Münchner Rathaus:Koalition vertagt sich

Wiesn-Rundgang - Oktoberfest 2014

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und sein Vize Josef Schmid (CSU) machen demonstrativ auf Harmonie.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Nach Sommerferien und Wiesn wollten CSU und SPD diese Woche eigentlich ihr konkretes Arbeitsprogramm abstecken. Doch daraus wird nichts - das Treffen ist vorläufig gestrichen.

Von Andreas Glas

Bei Wahlen geht es um Stimmzahlen und Prozente, es geht aber auch um: Sitze. Wer in München zum Stadtrat gewählt wird, erwirbt zum Beispiel eine Sitzgelegenheit in der Ratsbox auf der Empore im Schottenhamel-Zelt auf der Wiesn. Für einen Stadtrat ist dort immer ein Platz reserviert, inklusive Blick aufs Fußvolk. Dass der wichtigere Sitz eines Stadtrats im Rathaus steht, hat man inzwischen ja fast vergessen.

Erst gab es das Koalitionsgeplänkel, dann waren Sommerferien, jetzt ist Wiesn - allzu viel hat das rot-schwarze Bündnis in dieser Zeit nicht auf den Weg gebracht. Und vorerst, so scheint es, wird sich daran nichts ändern.

Arbeit der Rathauskoalition geht nur langsam voran

Dabei hatten SPD und CSU für Mittwoch ein Treffen geplant, auf dem die gemeinsame Agenda näher bestimmt werden sollte. Die Fraktionschefs Alexander Reissl (SPD) und Hans Podiuk (CSU) sowie je drei weitere Stadträte aus den beiden Parteien wollten darüber sprechen, welche Ziele aus dem gemeinsamen Kooperationsvertrag Priorität haben und wann die Koalition welche Aufgaben konkret anpacken will. Doch daraus wird nun nichts.

Wie die CSU-Fraktion mitteilte, ist das Treffen vorläufig gestrichen. Anstelle der Strategiedebatte soll nun der wöchentliche Austausch zwischen den Bürgermeistern und den Fraktionschefs von SPD und CSU zur Tagespolitik stattfinden, der von Montag auf Mittwoch geschoben wurde. Es bleibt also dabei: Die Arbeit der rot-schwarzen Rathauskoalition geht nur langsam voran.

Innerhalb des Bündnisses sieht man das gelassen, immer wieder betonen die Partner, wie gut sie miteinander klarkommen. Erst am Sonntag, am Rande des Platzkonzerts auf der Wiesn, hatte SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter die Zusammenarbeit mit seinem CSU-Partner, dem Zweiten Bürgermeister Josef Schmid, ausdrücklich gelobt: "Ich bin froh, dass er so kollegial mit mir zusammenarbeitet, er ist ein verlässlicher Partner." Das klingt harmonisch, doch die Wahrheit ist: Kollegialität und Verlässlichkeit zwischen SPD und CSU wurden bis jetzt noch gar nicht auf die Probe gestellt.

Noch scheut man diese Probe, sie könnte schließlich ziemlich hart werden, daran zweifeln nicht einmal die Koalitionspartner selbst. Es wäre auch kein Wunder, sollte es zu Streitereien kommen. Als Mitte Mai die Gespräche über ein Dreier-Bündnis mit den Grünen scheiterten, war der Text des Bündnispapiers so gut wie fertig, bis auf ein paar Kleinigkeiten wurde daran nichts mehr geändert, die grüne Handschrift blieb also im Vertrag - und könnte für sehr viele Konflikte sorgen.

Vor allem die verkehrspolitischen Themen bergen Zankpotenzial. Uneinig sind sich SPD und CSU zum Beispiel beim Thema Westtangente. Ein Thema, das die SPD seit Jahren leidenschaftlich fordert und die CSU seit Jahren leidenschaftlich bekämpft. Unter welchen Umständen es hier überhaupt zu irgendeiner Einigung kommen könnte, ist völlig unklar.

Die Fragen rund um den Nahverkehr könnten auch deshalb eine Nagelprobe für das Bündnis werden, weil hier die alte Verbundenheit der SPD mit den Grünen wieder aufkeimen könnte, die ja beide auf einer ähnlichen Linie liegen, wenn es zum Beispiel um Radwege an der Rosenheimer Straße geht, um die Nachverdichtung der Gartenstädte oder die Tunnelbauten am Mittleren Ring, die nach Meindung der CSU gar nicht großzügig genug ausfallen können. Immerhin: Den ersten und bislang einzigen Härtetest hat die Koalition bestanden, als sie sich im Juli auf einen Rettungsplan fürs Klinikum einigte.

Derweil beobachtet die Opposition im Rathaus die Arbeit der rot-schwarzen Koalition mit Skepsis. Über das verschobene Gespräch darüber, wie man den Kooperationsvertrag konkret anpacken möchte, wollte der Grünen-Stadtrat Florian Roth zwar nichts sagen, er schaue derzeit aber "mit Interesse zu, dass es durchaus Anlaufschwierigkeiten in dieser Ehe gibt". Wann der zweite Anlauf für das Anpack-Gespräch stattfindet, bleibt abzuwarten.

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