Münchner Philharmoniker im Hofbräuhaus:Der Maestro im Wirtshaus

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Blechbläser Hofbräuhaus Chefdirigent Lorin Maazel dirigiert die Blechbläser der Münchner Philharmoniker während der Aufnahmen für eine CD im Festsaal des Hofbräuhauses.  (Foto: Jakob Berr)

Die Bläser der Münchner Philharmoniker nehmen im Hofbräuhaus mit den Stardirigenten Lorin Maazel und Zubin Mehta eine CD mit Marschmusik auf. Als Gastmusiker dabei ist auch Tubist Andreas Hofmeir von La Brass Banda.

Von Franz Kotteder

Der Erzherzog-Albrecht-Marsch ist nicht sein täglich Brot, das sieht man Lorin Maazel an, als er den Taktstock hebt. Es ist das erste Stück, das er heute dirigieren wird. Er sagt, am Morgen habe er schon ein paar Aufnahmen aus den Proben gehört, "und ich muss sagen: interessant!" Die 32 Musiker, die fächerförmig im Halbkreis um ihn herumsitzen, lachen, und Maazel schiebt noch einen nach: "Also, ich nehme jetzt den Stab, und dann verlasse ich mich einfach auf Euch!"

Das ist natürlich grob untertrieben, denn der 82-jährige Chefdirigent der Münchner Philharmoniker hat sich die zehn Märsche, die heute auf dem Programm stehen, über die Partitur angeeignet, und weil er das absolute Gehör besitzt, fällt ihm auch gleich auf, dass der "Mars der Medici" hier in D-Dur statt in Es-Dur gespielt wird: "Da bin ich jetzt aber erschrocken!" Der Schock sitzt freilich nicht tief, Maazel dirigiert auch diesen Marsch des Niederländers Johan Wichers souverän und mit sparsamen Gesten, nur im Übergang zum Trio geht er ein wenig aus sich raus.

Marschmusik zu dirigieren, ist für einen internationalen Pultstar wie Lorin Maazel eher ungewöhnlich. Aber noch ungewöhnlicher ist es für ihn, das im großen Festsaal des Münchner Hofbräuhauses zu tun. An diesem Donnerstagvormittag aber sind die Bläser der Philharmoniker hier versammelt, um eine Marschmusik-CD aufzunehmen. Es handelt sich um eine Benefizaktion für die Orchesterakademie der Philharmoniker, und weil das ein guter Zweck ist, hat nicht nur Lorin Maazel seine Beteiligung zugesagt, sondern auch der Ehrendirigent des Orchesters, Zubin Mehta. Er kommt allerdings erst im März nach München, um den zweiten Teil der CD mit den Bläsern aufzunehmen: Terminprobleme.

Auf das Hofbräuhaus sind die Hornisten Ulrich Haider und Hubert Pilstl gekommen. Die beiden waren dort des öfteren beim monatlichen Musikantenstammtisch dabei und fragten den Wirt Michael Sperger als bekennenden Blasmusikfan, ob der denn seinen großen Saal für die Aufnahmen zur Verfügung stellen wolle. Sperger war begeistert, und als Dreingabe geben die Philharmoniker-Bläser nun am 3. März auch noch ein Marschmusik-Konzert im Hofbräuhaus. Dann dirigieren allerdings weder Maazel noch Mehta, sondern Bassklarinettist Albert Osterhammer.

Osterhammer steht auch den Rest des Tages vorne bei den CD-Aufnahmen. Es ist ja keineswegs so, dass alles gelaufen ist, wenn Maazel das Programm einmal durchgespielt hat. Man spürt zwar, welcher Respekt hier herrscht vor dem Chef: Als er durch den Hintereingang in den Festsaal kommt, wird es schlagartig ganz still in der Runde. Und selbst der Laie merkt, dass beim Spielen eine größere Konzentration herrscht als sonst, wenn der Maestro vorne am Notenständer steht. Aber einzelne Passagen, die nicht hundertprozentig sauber kommen, werden trotzdem nachher noch mal eingespielt, ohne den Maestro.

Dafür sorgt der Aufnahmeleiter und Tonmeister Johannes Müller. Er sitzt in einem improvisierten Tonstudio in einem kleinen Separee hinter der Empore des Festsaals, damit er nur das hört, was über die Mikrofone kommt. Mit den Musikern kommuniziert er über einen kleinen Lautsprecher neben dem Dirigenten Osterhammer.

Die ganze Aktion macht den Bläsern, die die einzelnen Stücke gemeinsam ausgewählt haben, sichtlich Spaß. Auch dem Gast-Tubisten Andreas Hofmeir. Man kennt ihn als Mitglied der Band La Brass Banda - aber hier eben auch als brillanten Musiker, der eine Professur am Salzburger Mozarteum hat und seine Laufbahn an der Münchner Orchesterakademie begann. Auch er hat, wie alle anderen, Freizeit geopfert für diese Benefiz-Aufnahme.

Ebenso wie Maazel übrigens: Das wäre heute sein einziger freier Tag in der Woche gewesen. Aber er sagt zu den Musikern, er sei froh, zugesagt zu haben: "Ich wollte damit zeigen, dass ich Noten lesen kann, fast so wie Sie!" Zum Dank überreicht ihm Klarinettistin Alexandra Gruber am Schluss ein riesiges Lebkuchenherz, auf dem steht: "Danke, lieber Maestro Maazel". Kurz schaut er fast so erschrocken wie beim D-Dur im "Mars der Medici", aber Gruber beruhigt: "Sie müssen es sich nicht um den Hals hängen." Da wirkt Maazel doch erleichtert.

© SZ vom 30.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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