Münchner Momente:Wo kein Blitzer, da kein Sünder

Am McGraw-Graben wird die Tempomessung abgebaut - eine besonders kluge Lösung, Autofahrer zu disziplinieren

Von Stephan Handel

Von allen Fachbegriffen der Polizeiarbeit ist das Wort "Fahndungsdruck" am einfachsten zu erklären: Wann immer in der Statistik ein Anstieg zum Beispiel der Drogenkriminalität ausgewiesen ist, dann verweist der Innenminister oder der Polizeipräsident auf den erhöhten Fahndungsdruck, wodurch mehr Straftäter . . . Es ist also nicht so, dass tatsächlich mehr Drogen gehandelt oder konsumiert worden wären, die Polizei hat nur genauer hingeschaut. Insofern ist der Fahndungsdruck vergleichbar mit der lästigen Pflicht des Putzens im Haushalt: Mit Brille dauert das auch viel länger als ohne.

Im Straßenverkehr heißt die stationäre Verkörperung des Fahndungsdrucks Radarfalle oder Blitzer. Diese Bezeichnungen gelten seit alters her, obwohl Blitzgeräte kaum mehr eingesetzt werden, der Blendung wegen. Im Gegensatz zu den Apparaten an wechselnden Einsatzorten arbeiten die fest installierten Geschwindigkeitsmesser an ihrer eigenen Abschaffung: Wenn erst einmal jeder Autofahrer weiß, dass an der XY-Straße geblitzt wird, lassen sich nur noch die Dummen und die Auswärtigen erwischen. Das ist aber nicht der Grund, warum der stadtbekannte Blitzer am McGraw-Graben abmontiert wurde - angeblich wird er in einigen Wochen durch ein neueres Modell ersetzt.

Dies ist allerdings etwas kurz gedacht: Wenn die Zahl der Tempoverstöße in der Stadt sinken soll, dann müssten zuerst einmal - siehe Fahndungsdruck - die Kontrollen reduziert werden. Am McGraw-Graben zum Beispiel wird es bis zur Installation des neuen Geräts, also bis Ende Mai, keinerlei aktenkundige Geschwindigkeits-Überschreitungen geben, was der Statistik nur gut tun kann. Im nächsten Schritt müssten dann alle Radarfallen in der Stadt außer Betrieb gesetzt werden. Und wenn dann schließlich noch alle Geschwindigkeitsbeschränkungen aufgehoben werden, dann wird es überhaupt keine Gasfuß-Sünder mehr geben. Zum Ausgleich des finanziellen Verlustes wird ja demnächst die Pkw-Maut eingeführt. Sie trifft zunächst nur die Auswärtigen, aber ganz sicher bald auch die Dummen.

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