Münchner Momente:Von Welpen und Füßen

Wer mit Nachbarn ins Gespräch kommen möchte, kann sich einen jungen Hund zulegen. Oder er kann sich etwas brechen

Kolumne von Laura Kaufmann

Es gibt kaum bessere Kontaktknüpfer als Welpen. Im Minutentakt werfen sich einem Menschen zu Füßen und wollen mal streicheln: Wie heißt er denn, wie alt ist er denn? Begrenzt funktioniert das auch mit Babys, wobei die Liebe des Münchners zu knopfäugigem Tiernachwuchs deutlich größer ist als zur eigenen Spezies; und noch dazu möchte nicht jeder, dass der eigenen Brut ungefragt der Kopf getätschelt wird. Vielleicht, weil das oft mit nicht bestellten Kommentaren einhergeht, ach, sieht ja gar nicht aus wie ein Mädchen!

Nun kann sich nicht jeder, der gern auf der Straße mit der Nachbarschaft ins Gespräch kommen möchte, extra einen Welpen ins Haus holen. So ein Tier macht jede Menge Arbeit und Dreck, auch abseits der Spaziergänge, und je älter es wird, desto weniger Aufmerksamkeit zieht es auf sich. Da geht die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht unbedingt auf. Bei Kindern noch weniger, um Himmels Willen, ja, aber das ist ein anderes Thema.

Es gibt nur eines, das noch mehr Fremde mit Gesprächsbedarf anzieht als ein niedlicher kleiner Hund: ein gebrochener Fuß, am besten verpackt in einen dieser überdimensionalen Skischuhe, dazu Krücken. Ach Mensch, wie ist denn das passiert? Wieder und wieder muss der Verunfallte seine wenig spektakuläre Geschichte wiedergeben, die weder Heldenmut offenbart noch Profisport-Ambitionen; wieder und wieder muss er aufzählen, was alles kaputt ist, und wie lange es dauert, bis man den Fuß wieder benutzen kann. Reges Interesse von allen Seiten, kaum dass der Fuß das erste Mal wieder außerhalb der eigenen vier Wände geschwungen wird. U-Bahn, Biergarten, überall die gleiche Leier, da bedarf es schon einer sehr großen Liebe zur Konversation. Der beste Kommentar kam neulich von einem Ballabeni-Eis essenden Kind. Das stellte, ohne eine Erklärung zu wollen, fest: "Schau mal, der hat aber ein großes Aua!"

Immerhin, anders als ein Welpe, der einem später ausgewachsen die Haare vom Kopf frisst, verschwindet so ein gebrochener Fuß oft einfach wieder. Und vielleicht macht ihn das am Ende doch zur Nummer eins der Kontaktknüpfer.

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