Münchner Momente:Strafarbeit in der Eisdiele

Erste Menschen beginnen das H-Wort zu munkeln. Daher dürfte es vielen ein Trost sein, dass in München der Sommer nun offiziell bis Anfang Oktober verlängert wurde. Es gelten harte Auflagen

Kolumne von Christiane Lutz

Vor einigen Tagen ging es los, wie immer recht unauffällig: Abends überkommt einen der dringende Wunsch, nach wochenlangem Barfußlaufen, Socken anzuziehen. Dann kommt die beiläufig beim Rausgehen gegriffene Jacke. Der Blick aus dem Fenster um 21 Uhr und der vage Verdacht, dass das irgendwie dunkel aussieht da draußen. Erste Menschen beginnen das H-Wort zu munkeln. Dann radikalisieren sich die Menschen in den Sozialen Netzwerken, wie jedes Jahr. Es gibt jene, die schicksalsergeben Sonnenuntergänge teilen und Rilke zitieren - "Herr: Es ist Zeit, der Sommer war sehr groß". Und es gibt die Realitätsverweigerer, die sich das H-Wort entrüstet verbitten und trotzig Fotos aus dem Schyrenbad posten: "Endlich Platz, ihr Memmen!". Normalerweise ertränken die Münchner ihren H-Blues ja dann mit der Wiesn. Nun ja.

Daher dürfte es vielen ein Trost sein, dass in München der Sommer nun offiziell bis Anfang Oktober verlängert wurde. Das Wirtschaftsreferat sagte diese Woche, der "Sommer in der Stadt" sei ein voller Erfolg gewesen. Klar, dass es aus wirtschaftlicher Sicht gerade in diesem Jahr sinnvoll ist, den Sommer einfach nicht enden zu lassen. Corona ist ja auch nicht jedes Jahr. So gilt für München in den kommenden Wochen beispielsweise eine Sonderregelung beim Wetter. Tiefdruckgebiete dürfen ohne Zwischenstopp nach Baden-Württemberg weitergeleitet werden. Die Herbstkollektionen dürfen in keinem Geschäft ausgepackt, Wolle nicht an melancholische Mädchen mit Stricknadeln verkauft werden. Es gibt eine allgemeingültige Bade-Auflage, die jeden Münchner verpflichtet, sich mehrmals wöchentlich den Eisbach und/oder die Isar runtertreiben zu lassen. Am Gärtnerplatz ist von nun an ein Alkoholgebot in Kraft, das allabendliche Heiterkeiten vorsieht, gern mit Gegröle und bis spät in die Nacht. Wer sich nicht an die Sommer-Auflagen halten will, muss in den lokalen Eisdielen aushelfen, die jetzt 24 Stunden geöffnet haben, oder hupend die Leopoldstraße rauf und runter fahren, für extra sommerliches Feeling. Und, ach ja, das Programm "Sommer in der Stadt" mit den vielen Miniatur-Wiesn, verteilt auf große und kleine Plätze, das wird übrigens auch verlängert.

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