Münchner Momente:Schüssel zum Erfolg

Da reiben sich der Hipster und der Bayer gleichermaßen die Augen: Ein Münchner Lokal wirbt auf einer Tafel vor der Tür mit einer "Frühstücks-Bowle".

Glosse von Stephan Handel

Früher gab's Salatschüsseln und im Wirtshaus einen kleinen Beilagensalat, während größere, hungerstillende Grünzeugangebote selten auf den Speisekarten standen und ihren Besteller in den Verdacht brachten, Vegetarier zu sein und die Grünen zu wählen. Das hat sich grundlegend geändert, mittlerweile gibt es manchmal sogar mehr als nur Kässpatzen für die Freunde des fleischlosen Genusses, und diese werden auch von den grantigsten Bedienungen nur noch ganz selten als "Grasler" bezeichnet.

Natürlich ist an dem Ganzen mal wieder Berlin schuld, speziell die dort einheimischen Hipster und Hipsterinnen. Diese achten nicht nur auf geschmackvolle Oberbekleidung und stilsicheren Haarschnitt, sondern auch auf Nahrung von besonderer Qualität - da geht es längst nicht mehr ums Sattwerden, da geht es darum, dem Körper durch gezielte Auswahl der Speisen exquisite Nährstoffe in ausgewogenster Zusammenstellung anzubieten. Ein Klecks Kartoffelsalat, drei Tomatenscheiben, vier Blattl Endivie und etwas geraspelte Gelbe Rübe? So etwas würde ein Hipster nie zu sich nehmen, wegen der Gesundheit nicht und wegen der Attitude schon zwei Mal nicht. Bei ihm geht es nicht unter Quinoa mit Granatapfelkernen, begleitet von einem Blaukraut-Mousse (was bedeutet, dass das Blaukraut im Mixer püriert wurde), dazu Edamame, das sind Sojabohnen, und, aus Ironiegründen, Rote Bete. Das alles kommt natürlich auch nicht schlicht und prosaisch auf einem Teller oder einer - siehe oben - Salatschüssel, nein: Der Hipster kaut sein Superfood aus einer Bowl, und wenn sein Gastronom auch noch sportaffin ist, dann darf es auch gerne eine Super-Bowl sein.

So ist das also in Berlin. Und weil sich auch in München immer noch ein paar Dummköpfe finden, die das toll finden, will auch die hiesige Gastronomie auf den Superbowl-Zug aufspringen. Leider gelingt das nicht immer, auch wenn's manchmal nur an mangelhaften Sprachkenntnissen liegt: Ein Lokal bot neulich auf einer dieser Tafeln vor der Tür irgend etwas Veganes an und nannte das Gericht seine "Frühstücks-Bowle". Damit lagen sie aber ganz falsch: Wie jeder Bayer weiß, besteht eine Frühstücksbowle hierzulande aus einem Weißbier mit einer Zitrone drin, verzehrt zu drei Stück Weißwürscht morgens um zehn.

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