Münchner Momente:Nicht so oft Fensterputzen!

Freunden der Hochkultur mag es als klein karierter Einwurf erscheinen. Doch zu Recht warnen Naturschützer davor, dass der neue Konzertsaal für Vögel eine echte Gefahr darstellt. Es gibt aber auch eine Lösung für das Problem

Kolumne von Günther Knoll

Vertraute Erinnerungsbilder an ein großes Zelt, eine Werkshalle, einen Speicher oder eine Markthalle, vielleicht sogar an einen Tempel oder eine Kathedrale" - das verspricht das Bregenzer Architektenbüro für seinen Siegerentwurf zum neuen Münchner Konzerthaus. Möglicherweise hält das ja manchen Kunstbanausen davon ab, einen allzu flapsigen Spitznamen für den Bau, der da im Werksviertel entstehen wird, zu erfinden. Vögel können mit solchen Begriffen aber nichts anfangen. Das hat die Münchner Gruppe des Bundes Naturschutz jetzt dazu bewogen, auf die Gefahr hinzuweisen, die der geplante Glaspalast mit immerhin 45 Metern Höhe und einer Fläche von etwa 20 000 Quadratmetern für die Tiere bedeutet.

Man könnte das jetzt als kleinkarierte Wichtigtuerei abtun angesichts eines Renommierprojekts, bei dem es um Klangqualität, Ästhetik, ja, auch ein bisschen um Protzerei und natürlich um viele Millionen Euro geht. Doch auch den Vogelschützern geht es um Millionen: Erhebungen zufolge verenden allein in Deutschland jährlich an die 100 Millionen Vögel, nachdem sie gegen Glasscheiben gedonnert sind. Und ein dumpfer Schlag gegen die Fensterfront kann dem Musikfreund das schönste Pianissimo verderben.

Auch Vogelgesang ist Musik, selbst wenn es dazu keinen Saal mit ausgeklügelter Akustik braucht, viele große Komponisten haben sich von ihm inspirieren lassen. Eine Lösung könnte die Verantwortlichen möglicherweise aufhorchen lassen. Die Experten in Sachen Vogelschlag schlagen eine Schutzmaßnahme vor, die ökologisch wie ökonomisch überzeugend klingt: Nicht so oft Fensterputzen! Denn Vögel erkennen mit ihrem Sehvermögen Staub und Schmutz, der für das menschliche Auge noch gar nicht sichtbar ist. Und selbst wenn: Der Konzertbesucher kann sich dadurch aufs Wesentliche konzentrieren, weil er vom ungetrübten Blick nach draußen nicht mehr abgelenkt wird.

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