Münchner Momente:In der Stadt der Regenbögen

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Selten hat man in München mehr Regenbögen gesehen als ausgerechnet im verflixten ersten Virusjahr. Das kann nur mit dem Kini zu tun haben!

Glosse von Stefan Simon

Regenbögen, überall sind Regenbögen, egal wohin man schaut, aus dem Fenster oder in die App von Instagram. Endet der ganze Spuk so, wie er begonnen hat? Selten hat man in München mehr Regenbögen gesehen als ausgerechnet im verflixten ersten Virusjahr. Die Stadt wurde grau, der Himmel bunt. Irgendwann machten es die Kleinen nach und malten rotorangegelbgrünblaulilapinke Halbkreise an Türen und in Fenster. Das war, bevor Kitas und Schulen zu den Eltern ins Home-Office umzogen, als die Laune noch gut war und die Hoffnung groß. Da verschwand dann die Farbe. Jetzt aber kommt sie wieder: Seit Tagen posten alle ihre Fotos von Regenbögen über Pasing, der Maxvorstadt, der Au, der Schwanthalerhöhe, Berg am Laim und (na klar) Bogenhausen. Und plötzlich ist auch die Inzidenz unter 50.

Wenn Millionen kleiner Regentropfen das Sonnenlicht genau so spiegeln, dass auch der Nüchternste denkt, er sähe alle Farben, die es gibt, auf einmal - ist das wirklich nur Physik? "Daily rainbow magic" nennen es die einen in ihren Posts, andere schreiben: "Zurzeit hagelt es Regenbögen." In der Bibel aber steht, das sei ein göttliches Zeichen des Friedens und stehe für die schussbereite Waffe des Allgewaltigen, die nur abgesenkt sei: "Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken, dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch und allen Lebewesen, (...) und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden, die alle Wesen aus Fleisch verdirbt."

München ist demnach beim Weltuntergang auf der sicheren Seite, doch das hätte man sich denken können. Dem Kini sei Dank! Als Ludwig II. sich seinen exotischen Wintergarten auf dem Dach der Residenz konstruieren ließ, bestand er auf den Einbau einer Regenbogenmaschine. Klar, was wäre eine Fantasielandschaft mit Bach und See, mit Pfauen, Papageien und Schwänen ohne einen Regenbogen? 150 Jahre ist das her. Schade, dass nach Ludwigs Tod alles abgebaut wurde und verloren ging. Aber stimmt das denn? Vielleicht ist ja dieser eine alte Apparat doch gerettet worden. Woher sollten sonst die vielen Regenbögen kommen?

© SZ vom 21.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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