Süddeutsche Zeitung

Münchner Momente:Heimat in Masskrügen

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Überall diskutieren sie jetzt wieder über Heimat. Dabei braucht das ein normal denkender Mensch doch gar nicht

Kolumne von Stephan Handel

Ach Gottchen, jetzt diskutieren sie also wieder einmal darüber, was Heimat eigentlich ist und ob der Mensch das überhaupt braucht, wenn sie nicht gerade darüber reden, dass Frauen sehr viel mehr Respekt und Hochachtung verdienen, als Männer ihnen oftmals entgegenbringen. Missverstanden haben das eine wie das andere manche Leute, die lasen, Horst Seehofer werde nun Heimat-und-Innen-Minister: Da sei die Genderisierung dann doch übertrieben, meinten sie.

Heimat ist da, wo man sich aufhängt, hat der Schriftsteller Franz Dobler mal festgestellt. Andere hingegen finden, Heimat sei da, wo sich das Handy automatisch mit dem Wlan verbindet. Das meinen die neuen Heimattreuen aber wahrscheinlich nicht, sondern: Voralpenland! Asamkirche!, was natürlich ein Schmarrn ist, weil niemand daran Verdienst hat, außer er ist ein im 17. Jahrhundert geborener Barockmaler oder eine tektonische Platte. Man könne aber das Thema Heimat nicht den Rechten überlassen, heißt es nun, aber auch da gehen die Ansichten auseinander: Sehr wohl könne man das, sagen manche, weil ein denkender Mensch sowieso weiß, wo er herkommt, und sich daran auch ohne erhöhten Blutdruck und inneres Stillgestanden erinnern kann.

Das wird natürlich nicht geschehen, dafür werden eine alte Zeitung und eine neue Partei schon sorgen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das jeweils durchs Dorf zu jagende Schwein auszusuchen und anzutreiben. Wer aber sagt eigentlich, dass alle mitmachen müssen bei dieser Jagd? Man könnte ja auch stattdessen auf den wiedereröffneten Nockherberg gehen; da beginnt Ende Februar die Starkbierzeit, und die hat mehrere Vorteile, unter anderem diese beiden: Sie beruhigt die Herzen und die Hirne. Und die Heimat, die es dort gibt, wird in Masskrügen serviert.

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Quelle:
SZ vom 12.02.2018
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