Münchner Momente:Grod wurscht, wer mit wem

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Bairisch ist wohlklingend, gerade für einen Großstadtmenschen. Schwierig zu schreiben ist es aber auch

Von Karl Forster

Neulich in der Jachenau gewesen. Für Großstadtmenschen: Das ist jene Gegend südwestlich hinter Lenggries, wo man Postkartenbilder fotografiert, um zu zeigen, wie bayerisch Bayern ist. Das Navi mochte die Jachenau nicht, also Frage an den Buben am Straßenrand, wo es hingeht zum Ziel. Und dieser Bub sprach dann eine Sprache, die man, als Großstadtmensch, längst vergessen zu haben glaubte, so schön, so voller Wohlklang, so fröhlich und doch so fremd. Er sprach Bairisch.

Die Beschreibung des Buben stimmte, man kam ans Ziel. Und Tage später, an der Straßenbahnhaltestelle Rosenheimer Platz, dachte man plötzlich wieder an diesen Knirps. Denn da prangte ein Plakat im Haltehäuschen, auf dem stand "Grod wurscht, wenst obbusslst". Darunter war in Hochdeutsch die Erklärung gedruckt: "Am 1. Wiesnsonntag feiern Männer und Frauen in der Bräurosl." Und schnell verstand man dies alles als ein sehr sympathisches Bekenntnis der werbenden Brauerei zu Liberalität und Buntheit der Stadt. Noch dazu ja diese Brauerei immer gerne jene Sprache hochhält, wie der Bub aus der Jachenau sie spricht. Nur etwas plakativer, deftiger halt. Da ist dann schon mal vom "Noagerlsuzla" oder "Zipfeklatscha" die Rede.

Aber irgendwas stimmt da nicht bei "wenst obbusslst". Klar, elf Konsonanten gegen drei Vokale, aber Bairisch liest sich halt schwer. Ins Münchnerische übersetzt, hieße das: Ist völlig egal, wen du abknutscht. Also "wenst" für "wen du". Wo, zum Teufel, kommt das "t" in "wenst" her? Muss es also nicht "wensd" heißen? Ist aber doch "grod wurscht", weil die Bräurosl-Besucher, bayerisch verkleidet mit dem "Trachten-Set" jenes Modehauses, das "Mann kann", das eh nicht verstehen. Hauptsache, sie busserln miteinander, egal, wer mit wem. Nicht nur sonntags in der Bräurosl.

© SZ vom 15.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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