Verkehr:Der Verkehr in München ist schlimm - auf sehr hohem Niveau

Eröffnung bzw. erster Tag in Betrieb: Luise-Kiesselbach-Tunnel

Wenn man in München in einen Tunnel fährt, kommt man meist wieder heil heraus. In Sizilien ist das nicht unbedingt selbstverständlich.

(Foto: Florian Peljak)

Die Stadt könnte noch viel von Süditalien lernen. Denn wer mit dem Auto mal in Sizilien unterwegs war, fährt daheim auf einmal anders.

Kolumne von Sebastian Beck

Schade, dass Palermo schon mit Düsseldorf eine Städtepartnerschaft eingangen ist und nicht mit München, der angeblich nördlichsten Stadt Italiens. Vor allem beim Thema Verkehr könnten Nord- und Süditalien noch so viel voneinander lernen. Wer eine Woche mit dem Mietwagen in Sizilien überlebt hat, der fährt auf einmal anders durch München: Mit einer Mischung aus Dankbarkeit, Gelassenheit und einem Hauch von Langeweile.

Selbst der größte Stau wirkt in München noch vergleichsweise durchorganisiert. Andererseits wird die Feinstaubdebatte in einer Stadt wie Catania, auf die seit Jahrhunderten Vulkanasche rieselt, nicht ganz so intensiv geführt wie hier. Da ist aber auch zum Beispiel die Sache mit den Autotunnels: In München gibt es alle zehn Meter einen Notausgang, ein Telefon, ein Hinweisschild, eine Radarfalle, einen Deckenscheinwerfer, ein grünes Leuchtband, diverse Pfeile, Feuerlöscher, Kameras, Fahrbahnmarkierungen, Lüftungssysteme, intelligente Verkehrszeichen, Flüsterasphalt, Schranken.

In Sizilien gibt es nichts. Wer hier in einen Tunnel fährt, wird von der totalen Finsternis verschluckt und allenfalls noch von einem Tanklastwagen überholt. Blechschäden sind unbekannt, weil Beulen und Kratzer zum Auto einfach dazugehören. In München dagegen: Wenn auch nur das Nummernschild des Hintermanns beim Einparken touchiert wird, kommt sofort die Polizei. In Palermo: Ein Bus rammt ein parkendes Auto - halb so schlimm, denn beide fahren noch. Ein Fiat überschlägt sich in der Altstadt - kann schon mal passieren. Man muss die Kiste nur wieder umdrehen.

Ein Fußgänger wird vom Notarzt wiederbelebt - schlimm, aber hat wahrscheinlich nicht aufgepasst. Diese dauernden Verspätungen bei der U- und S- Bahn? Solche Diskussionen gibt es in Palermo nicht, weil Züge in Sizilien als Fortbewegungsmittel für Exoten gelten. Städtische Linienbusse fahren irgendwann nach irgendwo. Fahrradwege, Lärmschutzwände, Regeln jeglicher Art: Fehlanzeige. Der Verkehr in Palermo gleicht einer höllischen Symphonie, groß, schrecklich, aufregend.

Ja klar, es ist auch alles sehr schlimm in München, aber halt doch sehr schlimm auf sehr hohem Niveau.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: