Münchner Momente:Eisbahnen und Eisenbahnen

Wie viele Münchner liebt Dieter Reiter die Trambahn. Was manche bei der Sauhitze unternehmen, könnte den Oberbürgermeister inspirieren

Kolumne Von Thomas Anlauf

Münchens Oberbürgermeister ist als Vorreiter der Verkehrswende bekannt. Er war es, der nach seiner Wahl gleich Stühle in der Fußgängerzone aufstellen ließ, damit nicht nur Menschen einen Sitzplatz haben, die mit dem Auto im Stau stehen, sondern auch andere, die mit umweltfreundlicheren Fortbewegungsmitteln wie Beinen unterwegs sind. Dieter Reiter ist auch bekennender Anhänger der Trambahn. Wenn es nach ihm geht, und das tut es ja in München, fährt die Straßenbahn künftig überall durch die Stadt: quer durch den Englischen Garten, auf seit Jahrzehnten grasüberwachsenen toten Gleisen und wahrscheinlich auch als kostenloser Schüler-Shuttle zwischen allen Münchner Freibädern. Während sich die Stadträte die Köpfe heiß reden, wie man diese verdammte Verkehrswende hinbekommt, setzt Reiter einfach Trambahnen aufs Gleis und rumpelt mit ihnen durch die Stadt.

Die sind aber auch praktisch, sie können sich so gut wie nie verfahren, die Fahrer sollten nur hin und wieder darauf achten, dass sie an Haltestellen das tun, weshalb sie so heißen, nämlich zu halten. Das gelingt nicht immer, klar. Kürzlich ratterte eine voll besetzte Tram der Linie 19 einfach an der Holzapfelstraße vorbei, obwohl dort ein Dutzend Menschen aussteigen wollten. Aber die Münchner nehmen so etwas natürlich mit Humor, weil sie nichts auf ihre Trambahnen samt Fahrer kommen lassen.

Bei der Sauhitze in diesen Tagen sind ortskundige Trambahnfahrer übrigens gerne auf der Linie 21 durch Haidhausen unterwegs. An der Wörthstraße hielt vor wenigen Tagen eine Tram und fuhr einfach nicht weiter. Die Geistertram war leer bis auf den Fahrer und einen Techniker, der ausstieg. Als er schließlich zurückkehrte, hielt er zwei große Tüten Eis in den Händen, die Bahn fuhr weiter. Das geht auch völlig in Ordnung. Die Tram war schließlich auf "Probefahrt", wie es auf der Anzeigetafel hieß. Höchstwahrscheinlich lässt Reiter gerade proben, im Brutsommer eine Eis-Bahn einzuführen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: