Münchner Momente:Ein bisschen Kattowitz

Bei den Protesten von Schülern für einen radikalen Klimaschutz sorgen zwei Vorfälle für Aufregung, der eine hat mit Straßenkreide zu tun, der andere mit zwei Polizeipferden

Kolumne von Martin Bernstein

Straßenkreide statt Spraydosen, frische Luft statt überheizter Klassenzimmer, Polizeipferdl statt Streifenwagen: Klimatechnisch haben (fast) alle (fast) alles richtig gemacht am Freitag auf dem Max-Joseph-Platz. Während in Kattowitz beim UN-Klimagipfel noch um Formulierungen gefeilscht wurde, gingen in München etwa 90 Schüler auf die Straße, um für radikalen Klimaschutz einzutreten. Ein wichtiges Anliegen. Trotzdem gab es während und nach der Demo jede Menge Aufregung.

Erst regte sich ein Passant über ein mit Kreide aufs Pflaster gezeichnetes Hakenkreuz auf. Das Hakenkreuz war natürlich durchgestrichen, daneben war auch wenig Schmeichelhaftes über die AfD zu lesen. Also eindeutig, eigentlich. Dennoch nahm die Polizei eine Anzeige auf wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Grund: Das Hakenkreuz sei nicht kräftig genug durchgestrichen gewesen. Hätten die Jugendlichen das freilich getan, hätten sie in einem anderen Punkt möglicherweise noch mehr Ärger bekommen. Denn auch eine Ordnungswidrigkeit nach dem bayerischen Straßen- und Wegegesetz monierte die Polizei: "Mit Geldbuße kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine Straße über das übliche Maß hinaus verunreinigt und diese Verunreinigung nicht unverzüglich beseitigt." Wie bereits erwähnt: Es war handelsübliche Straßenkreide, wie sie auch Kinder bei Hüpfspielen gerne verwenden.

Aufregung gab es aber auch bei den Demonstranten. Wegen der Anzeigen. Und weil - zufällig, wie die Polizei sagt - zwei berittene Polizisten am Ort des Geschehens vorbeitrabten. "Mit Polizeipferden gegen Straßenmalkreide: Klimaprotest wird nun auch in München kriminalisiert", empörte sich Münchens Grüne Jugend. Vorschlag zur Güte: Nächstes Mal sollten sich Polizei und Demonstranten gemeinsam darüber freuen, wie klimafreundlich die jeweils andere Seite agiert. Damit wäre dann schon eine Forderung aus Kattowitz erfüllt: Sozialer Druck soll alle dazu zwingen, sich beim Klimaschutz mehr anzustrengen.

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