Münchner Momente:Die Lösung fast aller Probleme

Für manche Dinge kann man ja gar nicht genug Werbung machen. Zum Beispiel für das Auswandern. Denn das könnte zum Beispiel eines der größten Münchner Probleme lösen

Von Anna Hoben

Rente im Ausland - Der Weg ins Paradies", steht in dicken Buchstaben über der Doppelseite in einer Münchner Boulevardzeitung. Ein jugendliches Silver-Ager-Paar tänzelt barfuß dem Sonnenuntergang entgegen. Nach dem Berufsleben mal so richtig die Seele baumeln lassen, heißt es im Text, das funktioniere doch am besten bei über 300 Sonnentagen im Jahr und mit dem Strand vor der Haustür.

In zehn Schritten wird erklärt, wie das geht mit dem Auswandern (Immobilie kaufen, Papierkram, Umzug). Die Zeitung hat auch mal recherchiert, welche Lebensabendziele sich am meisten lohnen (Preise für Wohnungen, Lebensmittel, Benzin) und welche Sprache man in dem jeweiligen Land sprechen sollte (Norwegen: Norwegisch, Marokko: Arabisch, Thailand: Thai). Man kennt das aus Reportagen im Fernsehen: Da sitzen die deutschen Rentner unter Palmen in Pattaya und parlieren fließend Thai mit der Frau, die ihnen die Kokosnuss zum Schlürfen serviert, denn der deutsche Auswanderer passt sich bekanntlich stets mühelos der Gastkultur an.

Wer es mit dem Anpassen nicht so hat, probiert es vielleicht mit Paraguay, dort gibt es "viele Straßenschilder mit deutschen Ortsnamen". Als echten Geheimtipp aber hat die Zeitung Bulgarien ausgemacht, den "Preis-Hammer in Europa", wo das Leben fast halb so viel kostet wie hierzulande. Super, bulgarische Armutszuwanderer verdingen sich in München, Münchner Reichtumsauswanderer verbringen in Bulgarien in Saus und Braus ihren Lebensabend.

Man kann gar nicht genug Werbung dafür machen. Wenn erst einmal alle Rentner ihre Wohnungen in München aufgegeben haben und nach Portugal, Namibia oder Chile gezogen sind, dann ist das Wohnungsproblem gelöst. Die Zeitung hat nur eines nicht bedacht: Wer soll dann noch die Zeitung kaufen?

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