Münchner Momente:Anzapfen mal anders

Mit der Feststellung ozapft is' eröffnet der Oberbürgermeister traditionell das Oktoberfest. Dieser Ausspruch soll nun abgewandelt eine ganz neue Bedeutung bekommen

Kolumne von Dominik Hutter

Arthouse wäre wohl der falsche Begriff für jene Filmklassiker aus den späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahren: Damals waren Cheech und Chong auf den Leinwänden der Klamauk-Kinos unterwegs, und die Gedanken dieser bärtigen Herren kreisten eigentlich um nichts anderes als ums Kiffen. "Viel Rauch um nichts" hieß der erste Teil der bahnbrechenden Reihe, die auch in München viele Fans hatte und hat. Was durchaus erstaunlich ist, schließlich wird das Alltagsleben dieser Stadt doch bereits von einem anderen Kulturereignis dominiert, das so manchen Münchner nicht nur zwei bierselige Wochen im Herbst, sondern das ganze Jahr über beschäftigt. Mit vergleichbarem Inhalt wie die Cheech-und-Chong-Reihe, nur dass sich im Falle des Oktoberfests alles immer ums Bier dreht.

"Ozapft is'" lautet die beeindruckende Feststellung des Oberbürgermeisters, wenn er mit roher Gewalt den Zapfhahn ins Fass wuchtet. Wobei es im kommenden Jahr im Bereich des Möglichen ist, dass Dieter Reiter vor dem Erstausschank versehentlich ein "ezapft is'" über die Lippen kommt. Denn dieser Spruch soll 2019 bei einer städtischen Kampagne für Elektromobilität zum geflügelten Wort werden. Moralisten könnten hier zwar eine unglückliche Verquickung zwischen übermäßigem Alkoholgenuss und dem Führen eines Kraftfahrzeugs ausmachen. Andererseits bedeutet das bloße Anzapfen eines Fasses noch lange nicht, dass man dessen Inhalt auch in großen Mengen konsumieren muss. Und wer volllädt, muss auch noch lange nicht fahren.

Tragisch und für die Stadtwerke teuer wäre es nur, wenn die Autofahrer aus dem ermunternden "ezapft is'" ableiten, dass der Stecker des Ladekabels möglichst schwungvoll, OB-mäßig sozusagen, in die kommunalunternehmenseigene Ladesäule geklopft werden muss. Zwei bis zehn beherzte Schläge, schon lädt das Ding. Oder auch nicht, dann wurde das arme Gerät zu fest gehauen. Und aus "ezapft is'" wird ein "auszapft is'". Das wiederum passt zu Cheech und Chong: Der fünfte Teil der Filmreihe hieß "Jetzt raucht überhaupt nichts mehr". Im Wiesn-Jargon: Ausg'raucht is'.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: