Wirtschaftsgipfel an der TU MünchenGrößer, weiblicher, internationaler

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Münchner Management Kolloquium 2024 im Audimax der TU München.
Münchner Management Kolloquium 2024 im Audimax der TU München. (Foto: MMK)

Das Münchner Management Kolloquium findet zum 32. Mal statt. Der Wirtschaftskongress der TU zeigt, wie eng verflochten Wissenschaft und Industrie sind – und wie stark sich beide Welten verändert haben.

Von Catherine Hoffmann

Mehr als 100 Sprecherinnen und Sprecher, 1500 Besucher aus Industrie, Wissenschaft und Politik, zwei große Bühnen, Raum für Workshops und eine Speakers Corner: Am 11. und 12. März findet im Audimax der Technischen Universität München (TUM) das Münchner Management Kolloquium (MMK) 2025 statt.

Es ist kein Zufall, dass diese Wirtschaftskonferenz nun zum 32. Mal an diesem Ort ausgerichtet wird. „Der Wissenstransfer in die Praxis und in die Wissenschaft ist mir ein zentrales Anliegen“, sagt MMK-Gründer Professor Horst Wildemann. Ihm sei es wichtig, „renommierte Wirtschaftsakteure an die Universität zu holen“.

Wildemann hatte mehr als 25 Jahre einen Lehrstuhl und leitet heute das Forschungsinstitut Unternehmensführung, Produktion und Logistik an der TUM. Gemeinsam mit Gunther Friedl und Isabell Welpe, beide Wirtschaftsprofessoren an der TUM, sowie Ricarda Engelmeier führt er den Münchner Wirtschaftskongress weiter. Engelmeier ist seit 2023 Geschäftsführerin der MMK GmbH.

Die TUM arbeitet schon lange eng mit Unternehmen zusammen. So gibt es Veranstaltungen mit CEOs, damit die Studierenden auch erfahren, wie die Welt jenseits von Lehre und Forschung aussieht. Im Fokus der Universität steht aber die akademische Ausbildung. Die TUM ist die einzige Technische Universität, die den Titel „Exzellenzuniversität“ seit 2006 durchgehend hält.

Er wird von Bund und Ländern vergeben, um deutsche Spitzenforschung zu unterstützen. Die Forschungsergebnisse sollen aber den Weg in die Unternehmen finden. Umgekehrt sollen Manager von Konzernen und Mittelständler die Chance haben, ihre Fragen und Wünsche in den Wissenschaftsbetrieb einzuspeisen.

Eine große Rolle auf dem MMK spielten von Anfang die Automobilindustrie und ihre Zulieferer; mit BMW sitzt ein prominenter Vertreter der Branche ja in der Stadt. Die Probleme sind derzeit groß: digitale Transformation, neue Marktakteure, E-Mobilität, komplexe Lieferketten und drohende Zölle.

In diesem Jahr geht es darum, ob und wie die deutsche Automobilindustrie einen Neustart schaffen und ihre herausragende Position auf dem Weltmarkt erhalten kann. Eröffnet wird der Kongress unter anderem von BMW-Chef Oliver Zipse, der über „Erfindergeist und Unternehmertum“ sprechen wird.

Diskutiert wird an den beiden Konferenztagen auch über geopolitische Themen, und die Frage, wie Unternehmen wachsende Handelskonflikte managen können. Es geht um den tiefgreifenden Wandel der Arbeitswelt und Nachhaltigkeit als Wettbewerbsfaktor.

Es wird verhandelt, welche Rolle Künstliche Intelligenz und Quantencomputing in verschiedenen Branchen spielen werden. Und dies ist nur ein Ausschnitt der großen Themen, die angestoßen werden. Neben den Autoherstellern sind Maschinenbauer, Pharmaunternehmen und die Raumfahrtindustrie vertreten; letztere spielt in und um München eine große Rolle.

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„Seit Corona hat sich die Konferenz immer weiter geöffnet, sie ist größer und weiblicher geworden“, sagt Franziska Deecke. Sie hat die Digitalkonferenz DLD von Hubert Burda mit aufgebaut und arbeitet nun als COO daran, das MMK interaktiver und spritziger zu machen.

Es kommen nicht nur Führungskräfte von Dax- und MDax-Konzernen, sondern auch die Gründer von Tech-Unicorns wie Celonis und Personio, deren Unternehmen längst keine Start-ups mehr sind, sondern mittelständische Firmen.

Dazu gesellen sich Wissenschaftlerinnen, Studierende und Politiker; auch der eine oder andere Headhunter wird dabei sein. „Wir müssen mit der Zeit gehen“, sagt auch Gunther Friedl. „Frontalvorträge von grauhaarigen Industriekapitänen, das funktioniert heute nicht mehr.“ Das Veranstaltungsformat müsse dynamischer werden – parallel zur Entwicklung, die die TUM selbst genommen habe.

Als Friedl vor 17 Jahren an die Universität kam, waren 92 Prozent der Studierenden Deutsche. Heute kommen 45 Prozent aus dem Ausland. „Es ist gut für Deutschland, wenn Universitäten und Hochschulen internationale Talente anziehen. Das hilft viel mehr als mit Programmen Fachleute aus der Türkei oder aus Indien abzuwerben.“ Seine Erfahrung sei, dass ein Großteil der Studienabgänger in Deutschland bleibe.

„Studierende der TUM kommen leicht unter, vor allem, wenn sie eine IT-Ausrichtung haben“, sagt Friedl. Es sei kein Schaden, wenn sich internationale Technologiekonzerne über diesen hervorragend ausgebildeten Nachwuchs freuen. Auch wenn dabei eine Rolle spiele, dass die Gehälter für IT-Fachleute in Deutschland niedriger seien als in den USA. „Wenn wir dieses Spiel nicht mitspielen, verlieren wir an Wettbewerbsfähigkeit und werden weltweit abgehängt“, sagt der Wirtschaftsprofessor.

Er ist stolz darauf, dass es die TUM geschafft habe, München zu einer Start-up-Hochburg auszubauen, die inzwischen Berlin den Rang abgelaufen habe, wenn es um anspruchsvolle Technologien (Deep Tech) geht. Diese Jungunternehmen, von denen viele aus den Universitäten und der Hochschule heraus gegründet werden, gehören zum wirtschaftlichen Ökosystem der Stadt.

Gestärkt wird es durch Dax-Firmen wie BMW, Siemens, Allianz oder Infineon sowie zahlreiche große Forschungseinrichtungen, etwa das Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching. Ein Team seiner Wissenschaftler hat das Start-up Planqc gegründet, das mit einem eigenen Quantencomputer Google Konkurrenz machen will. Mitgründer und CEO Alexander Glätzle ist einer der Redner auf dem diesjährigen Management Kolloquium.

Am Dienstagabend wird wieder der „Award of Excellence“ an ein Start-up verliehen. Im vergangenen Jahr hieß der Preisträger Deep Drive. Das Münchner Start-up ist führend in der Entwicklung von Elektromotoren und arbeitet bereits mit etlichen Autoherstellern zusammen, darunter auch BMW. So wird sichtbar, wie dieses Münchner Ökosystem funktioniert, zu dem auch die Konferenz im Audimax der TUM gehört.

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