Damals, im März 2022, war es eine beklemmende Erfahrung. Im Utopia konnte man "Opera und ihr Double" erleben, eine Produktion der Musiktheaterbiennale, nachgeholt aus der von Corona unmöglich gemachten Ausgabe des Festivals. Dessen Leiter, Daniel Ott und Manos Tsangaris, wollten möglichst viele der geplanten Uraufführungen retten, brachten auch einige davon im Zeitraum von zwei Jahren heraus, in verschiedenen Städten und eben auch im Utopia.
"Opera und ihr Double" konnte wenigstens in Teilen umgesetzt werden, als Installation, die Michael von zur Mühlen einrichtete. Man hörte die Musik von Ole Hübner, Jahrgang 1993, man hörte in seiner Musik den Furor der Jugend, die Skepsis gegenüber dem Genre Oper, eigens erfundene Instrumente, Elektronik. Von zur Mühlen drehte dazu auf der leeren Bühne des Opernhauses in Halle Videosequenzen mit den Solisten, erarbeitete digitale, im Computer animierte Bildsequenzen und baute einen dreiteiligen Raum, der als begehbares Bild für sich allein herrlich funktionierte.
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Während man herumwanderte, war man umwölkt von einem Sirren und Flirren, von einem vielstimmigen Chor, der sich durch das Libretto von Thomas Köck ackerte, von etwas rätselhaften Klängen, bis man am Ende, im dritten Raum, vor großen Leinwänden saß und Video schaute. Und da: Dystopie, das Ende der Zivilisation, Opernhäuser in Trümmern. War nicht so gedacht, aber als die Produktion herauskam, hatte Putin die Ukraine überfallen, und der Untergang in der Installation wurde zum erschütterndem Abbild dessen, was auf einmal am Rande Europas passierte. Und immer noch passiert.
Michael von zur Mühlen hat daran weitergearbeitet, die aktuelle Version heißt nun "Opera - A Future Game" und ist von 30. Juni bis 2. Juli in den Münchner Kammerspielen zu sehen, als eine Art interaktives Musiktheater-Videospielessay. Am 30. Juni ist Köck selbst anwesend, da kommt zum Spiel auch noch dessen Lecture-Performance hinzu. Eingebettet ist das Opernspiel in das Festival "Neue Zeit, neue Dramatik", bei welchem die Kammerspiele Werke junger Autorinnen und Autoren präsentieren, kulminierend in der "Langen Nacht der neuen Dramatik" am 1. Juli.
Bei dieser stellen zwei Autorinnen, zwei Autoren und ein Autorinnenkollektiv ihre Texte in szenischen Lesungen vor. Ihnen geht es dabei um ganz unterschiedliche Themen: Um die häusliche Pflege und oft unbeachtete Care-Arbeit, um den zelebrierten Ausstieg aus den sozialen Medien als Episode einer Selbstzerstörung oder auch um die Unmöglichkeit einer Heimkehr. Am Ende des Abends wird ein Stück mit dem "Münchner Förderpreis für neue Dramatik", dotiert mit 10 000 Euro, ausgezeichnet. Allex.(Liat) Fassberg, mit diesem Preis im vergangenen Jahr versehen, präsentiert zudem im Werkraum ihre neue Arbeit "Meine nackte Existenz".
Daneben findet von 1. bis 3. Juli "Playlist" auf der Studiobühne der Theaterwissenschaft ums Eck von den Kammerspielen statt, eine Werkstatt für den schreibenden und komponierenden Opernnachwuchs, als Kooperation von der Staatsoper, den Kammerspielen und verschiedenen Ausbildungseinrichtungen. Gab es schon zwei Mal, ist ziemlich einzigartig.
Neue Zeit, neue Dramatik , Festival, Freitag, 30. Juni, bis Sonntag, 2. Juli, Münchner Kammerspiele, www.muenchner-kammerspiele.de